Schauspiel

Kleines Haus / ausverkauft

Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte

Uraufführung
nach dem Memoir von Lea Ypi

„Der Wolf wechselt sein Haar, aber nicht seine Haut.“ (Albanisches Sprichwort) — Was macht es mit einem jungen Menschen, wenn alles, woran er geglaubt hat, von heute auf morgen nicht mehr gilt? Albanien 1990: die letzte kommunistische, stalinistische Diktatur in Europa, mit Mangelwirtschaft und Geheimpolizei. Für die elfjährige Lea Ypi ihre Heimat, ein Ort der Geborgenheit und Freiheit. Alles ändert sich, als in Berlin die Mauer fällt und in Tirana die Statue von Enver Hoxha vom Sockel stürzt. Lea muss erkennen, dass ihre Familie gegen das Regime war und ihr so einiges verschwiegen hat. Nun engagiert sich die Mutter in der Politik und der Vater muss als Hafendirektor Menschen entlassen. Das Land versinkt im Chaos, Italien weist die Schiffe voller Flüchtender ab und Lea beginnt sich zu fragen, was das eigentlich ist: Freiheit. Anhand eigener Kindheitserfahrungen beschreibt Lea Ypi einfühlsam, wie es ist, wenn Menschen vom Sturm der Geschichte erfasst werden und sich neu zurechtfinden müssen.

  • „Ich bin dem Stück interessiert gefolgt. Das Theater Bremen hat ein gutes Gespür für Bücher, die wichtige Themen der Zeit aufgreifen. Wie eben hier die unzureichend aufgearbeiteten Folgen des Zusammenbruchs kommunistischer Diktaturen. Das bewegt uns ja auch gerade hierzulande angesichts der Wahlergebnisse in Ost-Deutschland.“ (Christine Gorny, Bremen Zwei, 6. Oktober 2024)

    „Lea Ypi ist in den 1980er-Jahren in der albanischen Hafenstadt Durrës aufgewachsen, in einer Intellektuellen-Familie, die ihr lange vorgaukelte, treu zum stalinistischen Regime von Langzeit-Diktator Enver Hoxha zu stehen. Dieser hielt das südosteuropäische Land von 1944 bis zu seinem Tod 1985 eisern im Griff. Nach seinem Tod dauerte es noch fünf Jahre, bis das kommunistische Regime gestürzt wurde. Ypis Eltern offenbarten sich ihrer Tochter erst dann, und die Zehnjährige musste lernen, damit klar zu kommen, und außerdem mit den rasanten Veränderungen Albaniens und diesem kleinen großen Wort ‚Freiheit‘. Heute ist Lea Ypi Professorin für politische Theorie in London und hat ein mehrschichtiges Porträt über sich und diese Zeit geschrieben.“ (Iris Hetscher, Weser-Kurier, 7. Oktober 2024)

    „Das Buch liefert so detailfreudig wie nuanciert einen Einblick in den albanischen Alltag vor und nach dem Zusammenbruch des politischen Systems, die Eindrücke addieren sich zu einer gesellschaftlichen Collage. Aber schon die Anverwandlung der Rollen wirkt eigenartig distanziert. Was möglich gewesen wäre, zeigen die wenigen Momente, in denen Darsteller:innen aus sich heraus und miteinander ins Spielen kommen ums Bewahren oder Verlieren der Würde ihrer Figuren.“ (Jens Fischer, nachtkritik, 6. Oktober 2024)

    „Sofia Iordanskaya meistert als junge Lea Ypi eine Gratwanderung zwischen kindlicher Naivität, Aufbegehren und Indoktriniertheit durch das stalinistische Schulsystem. […] Auf einer kargen schwarzen Spielfläche dreht sich ein von Peta Schickart entworfener Holzwürfel sinnbildlich um sich selbst: ein Bunker, von denen es in Albanien circa 200.000 gab, um Stalins letzten europäischen Außenposten zu verteidigen. Um, durch und über dieses Monument eilen die Schauspielerinnen von einer biografischen Anekdote zur nächsten und offenbaren einen gewissen Übereifer bei den wohl notwendigen Kürzungen an der Vorlage.“ (Jan-Paul Koopmann, Der Freitag, 7. Oktober 2024)

    „Regelmäßig wird sie [Lea Ypi] als ‚moralische Sozialistin‘ gehypt. Trotz der persönlichen Erfolgsgeschichte warnt sie in Bremen davor, ihr Buch als „Hollywood-Story“ zu lesen, wie es immer wieder geschehe. Die Zeitsprünge im Buch machten es Petras und Rühmeier nicht leicht. Auch die 2001 in Moskau geborene Schauspielerin Sofia Iordanskaya, die gerade erst am Theater Bremen beginnt und Lea spielt, nennt es in einem Interview mit dem Weser-Kurier herausfordernd, die Entwicklung der Figur zu vermitteln. […] Das ‚fast schon apokalyptische Gefühl des Wandels‘ in Albanien hat sie dennoch fasziniert – und ihre Rolle hat sie bravourös gemeistert.“ (Matthias Meisner, taz, 14. Oktober 2024)