Das ist mehr als Handwerk … Nachfolger:in gesucht!

Wenn im Theater Bremen der Vorhang aufgeht, sich die Bühne dreht oder etwas aus dem Bühnenhimmel hinunterschwebt, hat er es möglich gemacht: Andreas Rieken leitet die Maschinentechnik. Ende des Jahres geht er in Rente.

„Als ich 1983 hier angefangen habe, gab es sieben Maschinenzüge, alle anderen wurden per Hand bedient“, erinnert sich Andreas Rieken, „mittlerweile betreuen wir 105 maschinelle Züge im ganzen Theater.“ Das ist aber nicht alles. Die Maschinentechnik ist verantwortlich für jedes einzelne Teil, das sich maschinell auf der Bühne bewegt: alle Züge, alle Podien, alle Drehbühnen, alles, was mit Schwimmbadtechnik zu tun hat wie Wasserbecken oder Regen auf der Bühne. Dazu kommen die 14 Fahrstühle im Theater. Regelmäßige Wartungen, anfallende Reparaturen, was geht, wird im Theater selbst gemacht. Ist er auch dafür verantwortlich, dass der Vorhang abends aufgeht? „Nur dafür, dass die Mechanik funktioniert, den Knopf drückt am Abend wer anderes“. Und dann das, was am meisten Spaß macht: der Sondermaschinenbau.

Bullenreiten, ferngesteuerte Kinderwagen, aufklappbare Polly-Pocket-Riesen-Bühnen-Puppenhäuser

„Für das, was wir hier fertigen, gibt es nur die Idee, keinen Plan“, erklärt Rieken, wie das funktioniert, wenn eine Bühnenbildnerin mit der Idee kommt, ein vier Meter hohes, aufklappbares Puppenhaus auf die Bühne zu bauen: „Das hat ja vorher noch keiner gemacht, da muss man sich dann schon überlegen, wie man das hinbekommt und ein bisschen tüfteln.“ Carsten Schmid, der Werkstättenleiter, findet Rieken stellt sein Licht ein bisschen unter den Scheffel: „Was wir hier alles im Haus bauen ist verglichen mit anderen Theatern schon sehr viel, die maschinentechnische Abteilung hat ein total großes Fachwissen und sehr gute Qualifikationen.“ Rieken ist gelernter Werkzeugmacher und hat dann Betriebs- und Versorgungstechnik studiert. Das waren gute Grundlagen für den Job am Theater, aber ohne Fortbildungen und die Lust, zu entwickeln, ginge gar nichts. Zum aufklappbaren Puppenhaus aus der Produktion Franziska sagt er schmunzelnd:

„Im Grunde genommen simpel, aber sieht spektakulär aus.“

Kniffliger sind da Drehbühnen, die die Außenbahn nach links und die Innenscheibe nach rechts drehen – sieht weniger spektakulär aus, macht aber offensichtlich mehr Spaß „irgendwas hakt da am Anfang immer“. Im Laufe der knapp vierzig Jahre am Theater Bremen haben sich die Möglichkeiten dabei ganz schön verändert. „Früher sind wir zum Schrottplatz gefahren und haben da alte Motoren geholt, heute programmieren wir regelmäßig irgendetwas, das sind schon andere Standards.“ Angst vor der Rente hat Rieken nicht, eher Angst davor, dass er niemanden findet, der oder die seine Nachfolge antritt. Denn sein Job ist ja nicht gerade ein Lehrberuf, eher einer, bei dem man immer Spaß am Lernen haben sollte.

„Ich habe wenig stumpfe Routine, viel Abwechslung.“

Maßstäbe gesetzt für seine Arbeit hat das Bühnenbild für Kleiner Mann – was nun? Bühnenbildnerin Katrin Plötzky wollte ein bühnenfüllendes Schaufelrad: Begehbar von den Schauspieler:innen auf der Bühne. Das sieben Meter hohe Teil konnte in Scheiben zerlegt werden, damit es in die riesigen Fahrstühle passt, die Motoren, die das Rad gedreht haben, waren in den Seitenteilen versteckt. „Uns hat das Bühnenbild um die 20.000 Euro gekostet“, überschlägt Carsten Schmid, „wenn man so etwas nicht selbst bauen kann, sondern das fertigen lassen müsste, würde man dafür etwa 200.000 Euro bezahlen. Das würde natürlich nicht gehen.“

Die Johanniter freuen sich schon.

Ende des Jahres will Andreas Rieken aufhören, um die 15 Jahre hat er die Abteilung geleitet, so auf das Jahr genau weiß er das nicht mehr. Ehrenamtlich ist er schon lange bei den Johannitern engagiert, dort leitet er eine Feldküche. Die warten schon darauf, dass er in Rente geht, die können jemanden wie ihn auch mit mehr Zeit gut gebrauchen. Und ansonsten hat er natürlich eine Werkstatt zuhause, nichts Großes, „was man so hat“, wenn man ein Gewächshaus haben möchte, bei dem die Fenster je nach Regenstärke automatisch auf- und zugehen …

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Veröffentlichung: 31.3.22