Der Reiz des Gruselns

Wenn er es vorher noch nicht konnte, dann haben Dramaturg Sebastian Rest die Proben zu Monsta das Fürchten gelehrt … Das Stück kommt für alle ab 6 Jahren jetzt wieder auf die Bühne im Brauhaus.

„grimmen und grummen und knacken und klappern quietschen und ziehen und schnappen und packen schütteln und schlottern und grinsen und lachen muhahahahahaaaa“ (Monsta in Monsta)

 

Aufgerissene Augen und Mund, das Herz pocht schnell, zittern und weiche Knie: richtig gut gruseln. Wer könnte das wollen? Wenn es nach Monsta geht, dann sollten sich alle danach sehnen und freuen, wenn sie die Gelegenheit zum Grusel bekommen. Und Geisterbahnen, Gruselhäuser sowie unzählige Horror-Literatur und -Filme scheinen das zu bestätigen. Menschen mögen es, sich zu gruseln. Und wenn das Moks alle ab 6 Jahren zu seiner Inszenierung Monsta einlädt, dann ist das eben das: eine Einladung zum Gruseln. Aber warum mögen es Menschen und vor allem auch Kinder, sich zu gruseln, sich auf ein Spiel mit der Angst einzulassen?

Was ist der Reiz des Gruselns?

Es hat wohl viel mit den eingangs beschriebenen Empfindungen zu tun. Wir spüren das Gruseln ganz unmittelbar im Körper: Unsere Sinne sind geschärft, wir sind hellwach und mitten im Augenblick. Und das heißt, wir spüren uns, wir sind am Leben und absolut gegenwärtig. Angst ist eben höchst emotional! Doch anders als die blanke Angst, können wir den Grusel genießen, weil er in einem gesicherten Rahmen stattfindet. Wie Film und Literatur, ermöglicht auch das Theater den Grusel an der nicht realen Gefahr. Und in der Gruppe macht das noch mehr Spaß und wird so zu einem sozialen Event, einem gemeinsamen Grusel-Erlebnis. Wir können uns gegenseitig beobachten, wen gruselt was und so gemeinsam hochschaukeln, aber auch beruhigen.

Aber was ist nun, wenn sich keiner gruselt?

Vor diesem Problem steht Harald. Harald, das ist der ursprüngliche Name von Monsta, doch wie Monsta sich schon ganz richtig denkt, ist das kein Name, der besonders viel Furcht und Schrecken verbreitet. Ja, ein Harald klingt nach einem gezähmten Monster und davor erschrickt niemand. Also wechselt Harald zu Monsta, um so die erhoffte, furchtbare Wirkung zu erzielen. Und so nimmt die Tragik ihren Lauf, denn die Wirkung, der Schrecken, bleibt aus. Und dadurch wird Monsta wiederum sehr nahbar, denn wer kennt sie nicht, die Angst, nicht wahrgenommen zu werden, nicht die Wirkung zu erzielen, die man sich erhofft hat? Das ist dann kein lustvoller Grusel mehr, sondern die bloße Angst zu scheitern.

Schließlich möchte Monsta gefürchtet werden, was letztendlich nichts anderes heißt, als dass es wertgeschätzt, ja, vielleicht sogar auch geliebt werden möchte.

Und hier liegt die Tragik bei Monsta, die ganz aristotelisch Rührung und Schauder vereint. Die Rührung durch die Identifikation mit einem sympathischen, aber scheiternden Monster, das leider nicht so schauerlich ist, wie es gerne wäre und der Grusel, der sich beim Publikum eben doch auch einstellt, wenn Monsta alles versucht, um Kind das Schrecken zu lehren. Beides, der schaurige Grusel und das rührende Scheitern, lässt sich im Brauhaus auf wunderbar verspielte Weise erleben.

 

 

Veröffentlichung: 16.12.21