Ein bisschen Wermut ...

Wenn die Wehmut überhand nimmt, kann der Wermut dann helfen? Anlässlich der Wiederaufnahme von Donizettis L’elisir d’amore (Der Liebestrank) hat Pressesprecherin Diana König sich umgehört, womit man heute die Liebe zu gewinnen versucht.

Die Augen auf der Bühne, das Herz im Hals: So manche:r sitzt im dunklen Zuschauerraum und wünscht sich, im Leben wäre es so einfach wie in der Oper. Obwohl es da vorher natürlich auch meist sehr kompliziert ist. Gelegentlich müssen dort sogar Liebestränke herhalten, wenn das Gegenüber nicht so empfindet wie gewünscht. Doch die wirken, wenn überhaupt, selbst auf der Bühne nie dauerhaft. Nun sollte man ja annehmen, dass Liebestränke eine Sache des Mittelalters und vielleicht noch von Richard Wagner seien … aber mit Harry Potter haben sie nochmal ein kleines Revival erlebt. Was also würde unser Nemorino aus Donizettis L’elisir d’amore (Der Liebestrank)  wohl empfinden, wenn er unsere heutigen Möglichkeiten hätte und nicht auf einen vorbeireisenden fliegenden Händler angewiesen wäre, der ihm zwei schnöde Flaschen Wein andreht?

Die Liebe ist ja heute schon schwer erforscht.

Es gibt Liebes-Algorithmen, die die am besten passendste Person unter allen Beteiligten rausfinden (aber Nemorino weiß ja schon, wen er will: nämlich Adina), Hirnscans (aber was hilft es ihm, wenn er sieht, welche Regionen beim Verliebt-sein aktiv sind) und einschlägige Ratgeber (ich stelle mir vor, da merkt er auf). Letztere rufen meist dazu auf, sich rar zu machen. Auf keinen Fall immer da sein, auf keinen Fall immer erreichbar sein, nicht immer hilfsbereit, nicht immer zu Stelle, wenn gebraucht. Und bitte nicht overdressed sein, das scheint mir auch ein nützlicher Hinweis.

Ist aber natürlich langweilig für so einen Opernabend.

Wer will schon zuhören, wie sich jemand rar macht und zuhause langweilt und dabei noch nicht mal was Aufregendes trägt? Noch dazu braucht das natürlich seine Zeit und wir wollen ja nicht vier Wochen in der Oper sitzen. Und für Nemorino zählt ohnehin jede Stunde, schließlich soll Adina noch heute heiraten. Es muss also schnell gehen. Nach kurzer Suche finden sich dann auch einige zeitgemäße, schnell wirkende Liebestrank-Rezepte: von Wodka mit schwarzen Johannisbeeren (unter 100 Kalorien) über Branntwein mit Zimt und Zitronenschale (über 250 Kalorien) bis zu braunem Rum mit Schlagsahne und Zartbitter-Kuvertüre (bei diesem Rezept fehlt die Kalorienangabe) ist alles dabei.

Gelee mit Rosenblättern und Sekt

Es ist aber auch alles nicht das richtige, denn Adina wird er wohl am Tag ihrer Hochzeit kaum zu einem Gläschen überreden können. Da wäre ein Tee vielleicht unverbindlicher ... Ein Blick in Garten-und Kräuter-Homepages ist durchaus hilfreich: ein bisschen Wermut gemischt mit Ringelblumenblüten, gehacktem Majoran und frischem Thymian, dazu noch ein paar andere Zutaten … aber was soll ich sagen, bei der Wiederaufnahme ist nun mal Februar, da blühen die Ringelblumen nicht. Und ein paar Klicks weiter versprechen auch schon Tränke für den Liebenden selbst gigantische Anziehungskräfte: Ein Schnapspinnchen mit Pheromonen, also menschlichen Duftstoffen, und schon wird man unwiderstehlich … oder doch lieber ein schnelles Essen: ein Brot mit Gelee mit Rosenblättern und Sekt, einen Salat mit Rucola und Pinienkernen, Sellerie soll aphrodisierend wirken …

Vielleicht gar nicht so schlecht, dass Nemorino die Qual der Wahl gar nicht hatte …

… denn letztendlich war ja doch alles umsonst, denn Adina liebt ihn ja längst. Ganz ohne Trank und Zauberei. Die Augen auf der Bühne, das Herz im Hals: So manche:r sitzt im dunklen Zuschauerraum und wünscht sich, im Leben wäre es so einfach, wie in der Oper. Und das Tolle: Manchmal ist es das ja auch!

 

 

Veröffentlichung: 14.2.22