„Es gibt für jede Person das richtige Spiel“

Wieso spielen wir? Anlässlich der Premiere von Joujouville hat Sarah Kreuzberg, Mitarbeiterin der Marketingabteilung, mit dem Inhaber des Brett- und Fantasiespielegeschäfts Highlander Games Bremen Michael Morawski gesprochen.

In Joujouville nimmt der Choreograf Samir Akika unsere Tanzkompanie Unusual Symptoms mit an einen imaginären Ort, in dem Spiel und Fantasie die Regeln des Zusammenlebens bestimmen. Was fasziniert erwachsene Menschen am Spielen? 

Michael Morawski: Es gibt da einen schönen lateinischen Ausspruch „Ludo ergo sum“, „Ich spiele, also bin ich“. Gerade bei Erwachsenen ist das oft ein Abschalten, eine Alltagsflucht, wenn man so möchte. Man beschäftigt sich mit anderen Dingen, kann den Blick woanders hin schweifen lassen. In einem Zeitalter, in dem fast alle Jobs irgendwie mit dem Bildschirm zu tun haben, ist das für viele Menschen eine attraktive Alternative. Spiele helfen dabei, neue Leute kennenzulernen und gemeinsam den Abend zu verbringen. Statt ins Kino oder in die Bar zu gehen oder sich einfach vor den Fernseher zu fläzen, kann man gemeinsam etwas erleben.

Highlander Games gibt es seit 15 Jahren. Die Digitalisierung hat seitdem ordentlich an Fahrt aufgenommen, die gesellschaftlichen Entwicklungen wie der Klimawandel oder die zunehmende Ungleichheit werden von vielen Menschen als bedrohlich wahrgenommen. Ist das Interesse an Gesellschaftsspielen gestiegen? Könnt ihr das spüren?

Massiv. Ganz, ganz massiv. Die Brettspielbranche verzeichnet jedes Jahr ein Wachstum von zwölf Prozent. In den Pandemiejahren war es sogar noch deutlich stärker. Es ist auch ganz oft so, dass Menschen, die hier reinkommen und gerne etwas ausprobieren oder sich einfach umschauen wollen, feststellen, dass sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat. Es gibt viel mehr als Monopoly oder Mensch ärger dich nicht. Teilweise ist es ja fast schon progressiv, wenn jemand mal Die Siedler von Catan gespielt hat. Aber auch seit Catan hat sich viel getan. Seit ein paar Jahren gibt es z.B. immer mehr kooperative Brettspiele, die man gemeinsam schaffen muss. Das ist noch mal ein ganz anderes Spieleerlebnis.

Würdest du sagen, dass gerade Abenteuer- oder Fantasiespiele, die diese Flucht aus dem Alltag nochmal verstärken, eine wichtige Bedeutung haben? Also, dass nicht nur das Spielen an sich eine Rolle spielt, sondern auch in was für Welten man dabei abtaucht?

Für mich persönlich ja, weil ich über diese ganzen Fantasy-Spiele überhaupt in das Ganze reingerutscht bin. Aber das ist sehr stark davon abhängig, welche Personen spielen. Es gibt auch viele Menschen, die den Fantasy-Bereich gar nicht mögen, weil es sie nicht anspricht und sie damit nie groß in Berührung gekommen sind. Und das ist nicht nur eine Altersfrage, sondern wirklich eine Frage der Vorlieben. Es gibt für jede Person das richtige Spiel.

Was zeichnet euren Laden aus?

Ich würde uns schon als Fachhandel bezeichnen. Wir kennen uns mit den Spielen aus und wir beraten wahnsinnig gern. Wir stellen viele Fragen, um herauszufinden, welches Spiel wir einer Person oder einer Gruppe empfehlen können. Und im Normalfall würde ich sagen, ist unsere Quote ganz gut, dass es dann auch wirklich Spaß macht und den Geschmack trifft. Darüber hinaus sind wir ein sehr eventfokussiertes Geschäft. Wir versuchen den Mehrwert des Fachhandels noch durch das gemeinsame Erlebnis zu verstärken. Ich glaube, das ist die Richtung, die ein moderner, stationärer Einzelhandel einschlagen muss.

Das heißt, ihr veranstaltet Events hier im Laden?

Genau, entweder direkt hier im Laden oder in unserem Veranstaltungsraum. Wir haben noch einen extra Raum mit hundert Quadratmetern. Da stehen nur Spieltische und Regale. Und da wird im Grunde jeden Abend gespielt. Mittlerweile haben wir sogar sonntags Communities, die sich dort mehr oder weniger „einmieten“, d.h. wir treffen eine Vereinbarung, dass sie Produkte von uns benutzen oder kaufen und dann den Raum zum Spielen von Brett-, Rollen- oder auch Sammelkartenspielen nutzen können.

Joujouville ist der Name eines Spielzeugladens aus der Kindheit von Samir Akika. In seinen Erinnerungen schildert er: „Es war wie in einem Museum der Vorstellungskraft: die Miniatur-Rennstrecken und kleinen Modell-Fahrräder ließen mich die Tour de France imaginieren, die ich nur aus dem Radio und der Zeitung kannte.“ Nostalgie und Utopie spielen in seiner Tanzproduktion Joujouville nun eine wichtige Rolle. Gibt es ein Spiel, das du empfehlen kannst, wenn es darum geht nostalgische Gefühle zu wecken?

Da kommt es wieder darauf an, welche Bereiche man mag. Da würden aktuell einige Spiele zu passen. Eine sehr beliebte Wiederauflage, die gerade diesen Nostalgiefaktor so richtig triggern möchte, ist HeroQuest. Die ist dieses Jahr sogar nicht mehr verfügbar, weil sie stärker abverkauft worden ist, als der Hersteller es erwartet hat. Das Spiel ist ursprünglich in den 80ern erschienen, wurde vor ein paar Jahren noch mal neu aufgelegt und triggert natürlich vor allem die Menschen, die in diesem Zeitraum Kinder waren und das damals im Fernsehen oder in der Werbung gesehen haben.

Hast du ein Lieblingsspiel?

Ich habe mehrere Lieblingsspiele. Es kommt total darauf an, in welcher Stimmung ich gerade an dem Tag bin oder mit welchen Leuten ich spielen möchte. Ich bin ein großer Fan von Star Wars: Imperial Assault. Da verbinde ich richtig schöne Studenten-WG-Erinnerungen mit. Oder Eclipse, das haben wir auch damals in der WG rauf und runter gespielt. Da sind viele Erinnerungen mit verbunden. Mit denselben Personen spiele ich teilweise immer noch.

 

 

Veröffentlicht am 11. November 2024