Gute Reise, Freunde der Tiefsee!
Zum Abschied von Ensemblemitgliedern und dem Weiterleben von Inszenierungen anlässlich der letzten Vorstellung von Wasserwelt. Das Musical. Schauspielleiter Stefan Bläske winkt mit nassem Taschentuch.
Wie oft wird über die Nachhaltigkeit von Theaterproduktionen diskutiert. Über dieses Missverhältnis, dass man wochenlang probt und eine Inszenierung mit aufwändiger Ausstattung auf die Beine oder Flossen stellt und dann doch nur zehn bis zwanzig Mal spielen kann, bis das Publikum in einer mittelgroßen Stadt nachlässt und man das liebgewonnene Kunstwerk schon wieder „abspielen“ und „in die Tonne treten“ muss.
Da wünscht man sich, dass Inszenierungen eine zweite Chance, ein weiteres Leben bekommen.
Wir befinden uns gerade in einer solch glücklichen Situation. Denn Felix Rothenhäusler, langjähriger Hausregisseur am Theater Bremen, wird ab Sommer Intendant am Theater Freiburg – und nimmt gleich mehrere Inszenierungen mit. Wir wollen hier nicht seinen kommenden Spielplan verraten, aber über Wasserwelt. Das Musical dürfen wir schon sprechen. Und zugleich Werbung machen für die letzte Vorstellung in Bremen. Falls Sie dieses Disney-meets-Nachhaltigkeit-Wunder noch nicht gesehen haben, kommen Sie doch zur Derniere, es lohnt sich! Wegen der Inszenierung selbst- und wegen der Spieler:innen.
Es ist die Derniere für einige Ensemblemitglieder, die uns verlassen.
Felix Rothenhäusler nimmt mehrere tolle Spieler:innen und weiteres künstlerisches Personal mit nach Freiburg. Für uns ist das sehr schade, verständlich ist es durchaus: nach zum Teil 13 Jahren am selben Haus mitzugehen mit einem künstlerischen Weggefährten, gemeinsam einen Neustart zu gestalten! In einer Stadt mit 1.800 Sonnenstunden pro Jahr, 200 mehr als in Bremen. Fast amüsant, aus der Hansestadt ein Stück über die lichtlose Tiefsee mitzunehmen, über die „Welt ohne Sonne“.
Bei aller Freude über das Weiterleben der Inszenierung ist da nun auch der Phantomschmerz und der Abschied.
Time to say goodbye und die letzten Monate gemeinsam zu genießen. Nadine Geyersbach, Jorid Lukaczik, Matthieu Svetchine und Andy Zondag werden nach Freiburg wechseln. Und Siegfried W. Maschek ist bereits im „Unruhestand“, eigentlich hatten wir letztes Jahr schon Abschied genommen. Für ihn ist die Vorstellung am 5. April tatsächlich ein Bremen-Finale: Nach 24 Jahren als Ensemblemitglied in so vielen, so verschiedenen Rollen, zuletzt noch einem eindrucksvollen Faust-Monolog. Nun also eine letzte Vorstellung: als Bakterium, Blauwal und Koch.
Wie passend, dass es in Wasserwelt. Das Musical genau darum geht: Um den Aufbruch und den Abschied.
Um einen kleinen Krebs (Jorid Lukaczik), der sein Zuhause, sein Habitat am Meeresgrund verlässt. Der dem Licht hinterher an die Oberfläche reist und dort auf ein Forschungsschiff gezogen wird, wo Menschen darüber beraten, was mit diesem Tier nun anzufangen sei. Soll der kleine Krebs der Forschung (Nadine Geyersbach) oder dem Essgenuss geopfert werden, oder wäre auch eine Freundschaft (Matthieu Svetchine) denkbar zwischen Mensch und Tier? Am Ende zieht natürlich ein Sturm auf (Andy Zondag) und alles kommt anders als erwartet. So wie das Leben eben immer wieder neue Wendungen, Abenteuer und Stationen bringt. So wie man sich eben manchmal anfreundet und dann doch wieder Abschied nehmen muss. Ja, es ist weit. 644 Kilometer werden unsere Delphine, Quallen und Muscheln von Bremen nach Freiburg reisen. Aber das ist doch einiges leichter als die 4.000 Meter hohe Wassersäule, die der kleine Krebs in unserem Musical überwindet. Wie schön, dass solche Reisen möglich sind. Auf eine rauschende Derniere in Bremen und einen glückenden Neuanfang in Freiburg.
Veröffentlicht am 28. März 2025.