Hey Biene!
Alina Holz, Mitarbeiterin der Marketingabteilung, zu Besuch bei den Theaterbienen und im Gespräch mit den Imkern Marcus Bräunlich und Jan Schmidt.
Wie seid ihr zum Imkern gekommen?
Jan Schmidt: Ich bin noch gar nicht so lange dabei. Frag mal Marcus, der macht das gefühlt seit tausend Jahren.
Marcus Bräunlich: Ich mache das auch erst seit 2015, aus Imkersicht sind wir noch blutige Anfänger. Ich komme eigentlich aus Thüringen, vom Land. Ich dachte immer, Bienen müsse man auf dem Land halten und nicht in der Stadt. Bis mein Bruder einen Imkerkurs in Berlin gemacht und anschließend ein Bienenvolk geschenkt bekommen hat. Da dachte ich: Das probiere ich jetzt auch!
Ist Stadthonig von minderer Qualität als Landhonig?
Marcus Bräunlich: Ganz im Gegenteil! Er ist sogar viel besser als Landhonig, weil es in der Stadt eine viel bessere Pollenmischung gibt. In der Stadt blühen verschiedenste Pflanzen im Wechsel.
Jan Schmidt: Abgesehen davon spritzt hier in der Stadt in der Regel kaum jemand, im Gartenverein ist das sogar verboten. Auf dem Land wird hingegen leider nach wie vor sehr viel gespritzt.
Marcus Bräunlich: In Rapshonig lässt sich eigentlich immer Glyphosat nachweisen, sogar bei Biohonig. Das mit dem Biohonig ist sowieso ein bisschen schwierig. Denn es ist schwer steuerbar, wo die Bienen hinfliegen. Bioimker müssen nachweisen, dass mindestens 60 Prozent der Fläche, die ihre Bienen anfliegen, biologisch bewirtschaftet wird. Jetzt nehmen wir mal an, auf einer Fläche gibt es neben einer biologisch bewirtschafteten Fläche 30 Prozent konventionelles Rapsfeld, oder auch nur 10 Prozent – das ist völlig egal. Die Bienen werden auf jeden Fall das Rapsfeld anfliegen, denn Raps hat den höchsten Zuckeranteil im Nektar. Und Bienen sind blütenstet, das heißt sie fliegen zuerst die Blüten der Pflanzenart an, die am ergiebigsten sind. Und das, bis diese nicht mehr blüht. Der Imker hat dann am Ende einen fast ausschließlich konventionellen Rapshonig, den er dennoch Biohonig nennen darf.
Wovon ernähren sich denn unsere Theaterbienen?
Jan Schmidt: Die Bienen suchen ihren Nektar in den Wallanlagen und in diversen Gärten im Umkreis von 1,5 bis 3 Kilometer um das Theater. Die Bedingungen in der Stadt sind optimal, hier blüht eigentlich immer etwas. Auf dem Land gibt es nur Monokultur, gerade blüht dort der Raps.
Marcus Bräunlich: Die Rapsblüte ist jetzt schon fast wieder vorbei. Ich habe gehört, dass am Samstag Raps geschleudert wird. Dann ist da nur noch eine Wüste. Wenn keine Grünstreifen oder Feldränder in der Nähe sind, wird es für die Land-Honigbienen ganz schön dünn. Zur Sommertracht ab Mitte Juni blüht in Bremen vor allem die Linde und die Brombeere. Dann kommen einige Imker mit ihren 30 bis 50 Bienenvölkern vom Land in die Stadt.
Und ist das ein Problem? Gibt es zu wenig Platz?
Markus Bräunlich: Der Platz ist nicht das Problem. Die Frage ist, ob die Tracht für alle Bienenvölker reicht. 30 bis 50 Völker sind schon eine Hausnummer und es gibt in Bremen bereits viele Imker. Dann gibt es ja auch noch die armen Wildbienen, die solitär unterwegs sind. Da wird den Imkern schon einmal vorgeworfen, dass ihre Bienen den Wildbienen die Tracht wegfressen. Honigbienen sind einfach viel organisierter als Wildbienen.
Jan Schmidt: Und heutzutage halten Imker eben auch ganze Kisten voll Bienen, wie wir auch…
Marcus Bräunlich: Wildbienen fliegen nicht so weit wie Honigbienen, sie fliegen nur ein paar Hundert Meter weit. Wenn sie innerhalb dieses Radius keinen Nektar finden, geben sie auf.
Wie viele Bienenvölker leben hier auf dem Theaterdach?
Jan Schmidt: Hier leben insgesamt drei Wirtschaftsvölker und zwei Ableger von anderen Völkern. Von den Ablegern können wir erst im kommenden Jahr Honig ernten. In einem großen Volk leben 50.000 bis 60.000 Bienen. Auf einer voll besetzten Wabe befinden sich 888 Bienen je Seite.
Was bedeutet das, Ableger?
Es kann passieren, dass die Königin zu alt wird oder über den Winter verstirbt. Das Bienenvolk kann ohne Königin natürlich nicht überleben. Also braucht man einen Ersatz oder ein Volk, dem man die restlichen Bienen zusetzen kann. Dabei entnimmt man dem großen Bienenvolk eine Brutwabe und hängt diese zu dem königinnenlosen Bienen. Die basteln sich dann im besten Fall eine neue Königin und es entsteht wieder ein Wirtschaftsvolk. Das läuft bei einem Ableger ganz ähnlich, man entnimmt einem starken Volk ein paar Waben mit jüngster Brut, Bienen und Futter und setzt sie in eine neue Beute. Die Bienen ziehen sich dann wieder eine neue Königin und es entsteht ein neues Volk.
Die Bienen basteln sich ihre Königin selbst?
Jan Schmidt: Genau, wenn die Ammenbienen, die sich um die Larven kümmern, die Brut mit Gelee Royale füttern, entsteht daraus eine Königin. Die Zellen sind im Gegensatz zu den anderen so groß wie eine Erdnuss. Eigentlich regieren die Bienen, die Königin ist nur für die Eiablage zuständig. Sie produziert bis zu 2000 Eier pro Tag. Die Sommerbienen werden durchschnittlich nur 42 Tage alt. Wenn die Bienen nicht zufrieden mit ihrer Königin sind oder sie zu alt wird, wird sie einfach ausgetauscht.
Und die Ableger hier auf dem Theaterdach haben bereits eine Königin?
Markus Bräunlich: Bald, sie arbeiten daran. Wie du siehst, produzieren sie hier gerade zur Sicherheit zwei Königinnen. Entweder suchen sich die Bienen am Ende die Bessere der beiden aus und kümmern sich um die andere. Es kann aber auch sein, dass eine der Königinnen zuerst schlüpft und die andere durch die Zelle hindurch absticht. Da sind die Bienen relativ kompromisslos.
Jan Schmidt: Ich mache auch eine allgemeine Durchsicht und gucke, ob die Bienen Königinnenzellen bauen. Das machen sie nämlich auch, wenn sie schwärmen wollen. Ein Bienenvolk vermehrt sich sozusagen durch Teilung. Wenn es den Bienen zu gut geht, alles voller Honig ist und es jede Menge Bienen gibt, wird es langsam eng im Bienenstock. Dann brüten die Bienen sich eine neue Königin und die Hälfte des Volkes macht sich mit der alten Königin aus dem Staub. Das ist uns im letzten Jahr auch schon hier auf dem Theaterdach passiert, die Bienen sind auf die Balkons ausgeschwärmt und alles war voller Bienen. Das wollen wir gerne verhindern.
Marcus Bräunlich: Eine Ammenbiene, die zur Aufgabe hat, die Larven zu füttern, möchte immer sechs Larven betreuen. Wenn es zu viele Ammenbienen auf zu wenig Larven gibt, werden sie langsam unruhig und beschließen irgendwann auszuschwärmen. So können bis zu 60 Prozent der Bienen mit der alten Königin abfliegen.
Jan Schmidt: Das ist auch bei dem Werder-Aufstiegsspiel passiert: Ein ziemlich großer Bienenschwarm ist ausgeschwärmt und hat es sich beim Eisen gemütlich gemacht. Die Polizei hatte große Sorge, dass die Bienen die Werderfans stechen könnten.
Wie viel Honig erntet ihr hier ungefähr?
Jan Schmidt: Wir ernten zwei Mal im Jahr Honig, zur Frühtracht und zur Spättracht. Wenn in etwa zwei Drittel der Honigwaben verdeckelt sind, kann geerntet werden. Im letzten Jahr habe ich hier auf dem Dach so um die 40 Kilogramm pro Volk geerntet – Sommertracht und Wintertracht zusammengerechnet.
Marcus Bräunlich: Der Ertrag ist noch relativ gering, das können in der Stadt schon mal 50 bis 60 Kilogramm pro Volk werden. Eine Zarge bringt ungefähr 20 bis 25 Kilogramm. Die Frühtracht fällt meistens besser aus, als die Spättracht. Allerdings ist die aktuell vorherrschende Trockenheit eine große Herausforderung. Die Pflanzen produzieren weniger Nektar.
Die Frühtracht und die Spättracht unterscheiden sich sicherlich auch im Geschmack?
Marcus Bräunlich: Genau, jetzt gerade blühen die Obstbäume und die Frühblüher. Die haben insgesamt mehr Pollenanteile und sind vom Geschmack her fruchtiger. Linde und Brombeere schmecken insgesamt kräftiger.
Jan Schmidt: Honig ist total vielseitig im Geschmack, jede Tracht schmeckt unterschiedlich und normalerweise ist kein Glas Honig geschmacklich identisch. Die Verbraucher sind aber total gewöhnt an Einheitsbrei und wollen immer denselben Geschmack. Deswegen werden bei dem herkömmlichen Supermarkthonig verschiedene Trachten zusammengemixt.
Lust auf unseren Theaterhonig bekommen? Den können Sie bei uns an der Theaterkasse erwerben oder sich direkt per Mail unter honigbiene@email.de an die Theaterimker wenden.
Veröffentlichung: 28.6.22