Hinter den Kulissen des Theater 11

Im Dezember ist das Theater 11 mit der Inszenierung „Der Zauberer von Oz“ zu Gast am Theater Bremen. Und vom 5. bis 8. Januar kommt das internationale Jugend-Theaterfestival „Kultur on Tour“ ins Kleine Haus, ebenfalls ausgerichtet vom Theater 11. Alina Holz, Mitarbeiterin der Marketingabteilung, hat sich mit der Initiatorin Kira Petrov getroffen.

Was ist das Theater 11?  

Kira Petrov: Das Theater 11 ist ein internationales Theater im Herzen Bremens. Ich habe das Theater 2009 gegründet. Damals noch ein kleines Studio, ist es heute ein vollwertiges Theater, in dem Kinder, Erwachsene, professionelle und Amateurschauspieler:innen spielen. Wir produzieren jedes Jahr zwei bis vier Inszenierungen zusammen mit professionellen Regisseur:innen. Es gibt keine Beschränkung auf Genres und Formen. Das Theaterteam organisiert und leitet regelmäßig internationale Theaterfestivals und kreative Labors, und bringt Gruppen und Schauspieler:innen aus aller Welt in Bremen zusammen.

Wie sieht deine Arbeit aus?

Kira Petrov: Neben der Regie übernehme ich als Theaterleitung auch viele administrative Aufgaben. Grundsätzlich geben wir hier im Theater 11 vormittags Schulkurse, abends finden parallel Kurse und Proben statt. Ein weiteres Projekt ist die Kiwi-Schule (Anm. Redaktion: Kinder Wissen Schule) an drei Standorten in Bremen: in der Neustadt, im Blockdiek und in der Altstadt. Im Rahmen dieses Projektes betreuen wir zusätzlich um die 150 Kinder und bieten täglich ein Programm bestehend aus Sprachförderung, musikalischer Früherziehung, Malkursen und einer Vorbereitung auf die erste Klasse für Nicht-Muttersprachler:innen.

Wie kam dieses Projekt zustande?

Kira Petrov: Als ich vor 13 Jahren anfing mit Jugendlichen zu arbeiten, fragten mich die Eltern, wieso ich nicht auch etwas für Kinder anbieten würde. Ein Jahr später kam dann das Kindertheater dazu. Damals inszenierte ich nur auf Russisch, da es für mich einfacher war. Mir fiel auf, dass viele Kinder zwar Russisch ganz gut verstehen, aber die Schrift gar nicht lesen können. Ich finde es sehr schade, dass die Muttersprache bei vielen im Laufe der Zeit gänzlich verloren geht. Ich denke, zweisprachig aufzuwachsen kann nur eine Bereicherung sein!

Im Dezember seid ihr mit der Inszenierung „Der Zauberer von Oz“ zu Gast am Theater Bremen, du führst Regie. Es wirken Kinder, Erwachsene und professionelle Schauspieler:innen mit und verschiedene Genres wie Schatten- und Tanztheater werden miteinander verbunden …

Kira Petrov: Insgesamt stehen dreißig Personen mit unterschiedlichsten Nationalitäten auf der Bühne. Darunter sind auch zehn Jugendliche aus der Ukraine, die bereits auf Deutsch spielen werden – das ist für mich Integration! Das Stück sollte bereits vor drei Jahren aufgeführt werden. Corona kam uns dazwischen … Mittlerweile sind viele der Teilnehmenden erwachsen geworden, die Besetzung hat sich teilweise verändert. Auch das Schattentheater ist neu: Zu unserem Team sind zwei tolle Volontäre aus St. Petersburg dazu gekommen, die dort im Puppentheater tätig waren und sehr viel Erfahrung mit Schattentheater haben. Das Spannende daran ist, dass man mit relativ kleinen Mitteln sehr viel darstellen kann.

Im Januar startet das internationale Jugend-Theaterfestival „Kultur on Tour“ in die nächste Runde. Was ist „Kultur on Tour“? Wer kommt?

Kira Petrov: Kultur on Tour ist ein fünftägiges internationales Jugend-Theaterfestival für Amateurtheater. Die Altersspanne reicht von 16 bis 30 Jahren. Das Festival findet seit 2009 statt, über Corona mussten wir es aussetzen. In diesem Jahr nehmen Theatergruppen aus Italien, Tschechien, Lettland, Irland, Kasachstan, Finnland, Spanien, der Ukraine und Deutschland teil. Das Spannende ist, dass es in den unterschiedlichen Ländern auch unterschiedliche Theaterhandschriften gibt. Ein Teil der Inszenierungen wird im Theater 11 aufgeführt, ein Teil im Theater Bremen. Neben den Aufführungen gibt es ein Rahmenprogramm mit Workshops und Diskussionen, am Abend können sich die Gruppen kennenlernen und austauschen. Bei dem Festival geht es in erster Linie um den interkulturellen Austausch.

Wie ist es, in Zeiten eines Krieges international Theater zu spielen?

Kira Petrov: Wir merken in dieser Zeit umso mehr, wie wichtig unsere Arbeit ist. Mitte März kamen bereits die ersten geflüchteten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine zu uns. Bei uns finden sie die Ablenkung, die sie dringend benötigen. Teilweise sind sie traumatisiert. Wir haben schon 2015 vermehrt mit Geflüchteten gearbeitet, damals kamen viele Kinder und Jugendliche aus Syrien zu uns. Ich habe eine Weiterbildung gemacht, in der ich gelernt habe, wie man mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen arbeitet, das Wissen kommt mir nach wie vor zugute. Wir bieten unterschiedliche Programme und Kurse an, insgesamt betreuen wir um die 70 bis 80 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine.

Eine kurze Recherche über dich zeigt: du hast viele Facetten: Diplom-Ökonomin, Regisseurin, Musicaldarstellerin, Persönlichkeitstrainerin und Hochzeitsmoderatorin – zuletzt hast du dich zur Miss Germany 2022-Wahl aufgestellt. Was verbindet deine verschiedenen Interessen?

Kira Petrov: Ich bin ein sehr wissbegieriger Mensch und es fällt mir schwer, nichts zu tun. Bei meiner Regietätigkeit arbeite ich nicht mit Profis. Daher basiert der Job in erster Linie auf pädagogischer Arbeit. Das lässt sich auch sehr gut mit Coaching verbinden. Ich sehe es als meine Mission, Menschen zu helfen neue Facetten an sich zu entdecken und sich neu zu definieren. Das macht mir verdammt viel Spaß! Sogar mehr Spaß als die Regiearbeit. Wenn ich zum Beispiel miterlebe, wie ein anfänglich super schüchternes Kind nach einem halben Jahr präsent und selbstbewusst auf der Bühne steht, ist das für mich einfach überwältigend.

 

 

Veröffentlicht am 14. Dezember 2022