myveryownfeministbookclub #4: bell hooks

Dramaturgin Theresa Schlesinger über bell hooks Essay Schwarze Frauen* und Feminismus

Der Impuls zu dieser virtuellen Lesereise wurde in einem Moment geboren, an dem ich glaubte, etwas einigermaßen Sinnvolles zu tun, wenn ich mir feministische Grundlagentexte erneut ansehen und meine Leseerfahrung dazu teilen würde. Rückblickend kommt mir das unglaublich überheblich vor, doch tatsächlich ist die Auseinandersetzung mit den Gedanken der Autorinnen*, der Form des Buchclubs und der Austausch, der dadurch bereits entstanden ist, Herausforderung und großes Glück zugleich. Langsam beginne ich zu begreifen, was es tatsächlich heißen kann, die Texte, Meinungen und Ideen zum Feminismus, die ich mir auferlegt habe, zu bearbeiten und die mir zugetragen wurden, erneut zu lesen. Ich beginne zu erkennen, dass die Auseinandersetzung meine Gesamtwahrnehmung der Situation verändert und hoffe, dass es anderen vielleicht auch so geht. Weil es wichtig ist, den Blick nach Außen nicht zu verlieren, wenn wir im Drinnen festsitzen.

Die Krisensituation spitzt vielerlei Probleme in erschreckendem Ausmaß zu.

Dazu gehört das antifeministische Moment der Krise, wenn nach Texas und Ohio jetzt auch Polen Abtreibungen verbieten will und bei der Überlegung zur schrittweisen Lockerung die weibliche Perspektive vollkommen zu fehlen scheint, genauso wie der offensichtliche Anstieg von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung.

Ein kollektives Schweigen und Zurückziehen ins eigene bequeme Häuschen führt im schlimmsten Fall dazu, dass wir nach der Krise einer ganz neuen Welt begegnen.

Die Isolation bringt Differenzen noch mehr zum Vorschein und zeigt gleichzeitig, wie wichtig es ist, dass jede*r Einzelne sich dazu verhält. Ein kollektives Schweigen und Zurückziehen ins eigene bequeme Häuschen führt im schlimmsten Fall dazu, dass wir nach der Krise einer ganz neuen Welt begegnen. Es scheint vielleicht, als würden wir alle den gleichen Schrecken erleben, aber wie können wir uns anmaßen zu sagen, es ginge hier um Gemeinschaft und Solidarität, wenn es Menschen gibt, denen es zum Beispiel vollkommen unmöglich ist Abstand zu halten, weil sie in einem überfüllten Flüchtlingsheim wohnen oder Frauen*, die mit ihrem gewalttätigen Ehemann zu Hause eingesperrt sind.

Mit präzisem Blick und klarer Haltung beschreibt sie eine historische Entwicklung der feministischen Bewegung und die Rolle, die Schwarze Frauen* darin gespielt haben

Andere haben besser darüber geschrieben. Zum Beispiel bell hooks. bell hooks schreibt ihr Essay Schwarze Frauen* und Feminismus im Jahr 1982. Darin analysiert sie die Rolle Schwarzer Frauen* in der Geschichte des Feminismus der USA. Mit präzisem Blick und klarer Haltung beschreibt sie eine historische Entwicklung der feministischen Bewegung und die Rolle, die Schwarze Frauen* darin gespielt haben und die oft unterschlagen wird. Sie kommt dabei zu dem Schluss, dass ein weißer Feminismus eine ausschließende, rassistische Bewegung ist, weil sie vor allem darauf ausgerichtet ist, die eigene Position zu stärken, anstatt ganzheitlich über Veränderung nachzudenken. Deswegen ist es unbedingt notwendig, die Positionen, Texte und Ideen Schwarzer Frauen* in den Diskurs mit aufzunehmen.

„Es ist offenkundig, dass sich viele Frauen* des Feminismus bemächtigt haben, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.“

Damit meint sie weiße Frauen, die nur ihre eigenen Rechte im Blick haben und sich männliche Positionen aneignen, damit also das patriarchale, kapitalistische System bestärken, indem sie nur für den eigenen Vorteil kämpfen. bell hooks definiert vor dem Hintergrund dieser Analyse schließlich den Feminismus um:

„Für mich ist der Feminismus nicht einfach nur ein Kampf für das Ende des männlichen Chauvinismus oder eine Bewegung, die dafür sorgen soll, dass Frauen* die gleichen Rechte wie Männer haben; er bedeutet mir den Einsatz für die Beseitigung der Ideologie der Dominanz, von der die westliche Kultur auf verschiedenen Ebenen — Gender, Race und Klasse, um nur einige zu nennen — durchdrungen ist, und den Kampf für die Umgestaltung der US-amerikanischen Gesellschaft, damit die Selbstentfaltung der Menschen über den Imperialismus, die wirtschaftliche Expansion und materielle Wünsche Vorrang gewinnt.“

Über diese Veränderung der Sichtweise möchte ich gern sprechen. Und auch darüber, wie eine Welt aussehen könnte, jetzt und nach der Krise, wenn wir die Gedanken von bell hooks, Virginia Woolf und Rebecca Solnit mit aufnehmen in unsere Überlegungen. In diesem Sinne eine herzliche Einladung zum nächsten virtuellen Buchclub-Meeting am kommenden Freitag, 24. April um 18 Uhr. Die Zugangsdaten gibt es über dramaturgie@theaterbremen.de

Mut macht bell hooks auch in ihrem Buch Feminism for everybody und so möchte ich mit einem Zitat von ihr enden:

„Imagine living in a world where there is no domination, where females and males are not alike or even always equal, but where a vision of mutuality is the ethos shaping our interaction. Imagine living in a world where we can all be who we are, a world of peace and possibility.“