Neu im Ensemble #2: Anne Sauvageot
Die 28-jährige Anne Sauvageot ist seit dieser Spielzeit neu im Moks-Ensemble. Pressesprecherin Diana König im Gespräch über politisches Engagement, Stadttheaterarbeit und Spielen für Kinder und Jugendliche.
„MUSCHI – Ein Stück über bescheidene Scheiden“ – so heißt die Arbeit, mit der du dein Schauspielstudium an der Hochschule der Künste Bern 2018 abgeschlossen hast. So zum Kennenlernen klingt das ja spannend, erzähl mal …
Anne Sauvageot: Ich wollte ein Stück schreiben, in dem es um weibliche Geschlechtsteile geht und die Narrative von Scham und Ekel, die damit immer noch zusammenhängen. Es ist eine Art Gaming-Performance geworden und ich spiele darin die Göttin Demeter aus der griechischen Mythologie. Demeter gilt als „Urtypus einer Frau und Mutter“. In meinem Stück kommt sie auf die Erde und schaut sich an, wie es heute so aussieht. Ich habe diese Performance total gerne gespielt und würde sie total gerne irgendwann weiterführen.
Du bist sehr engagiert. Nach deinem Studium hast du frei gearbeitet, unter anderem einige Arbeiten mit dem feministischen Performancekollektiv bitemytongue gemacht. Mitglied im Ensemblenetzwerk bist du auch. Was muss sich ändern?
Anne Sauvageot: Ich glaube, dass sich Machtstrukturen ändern müssen. Jetzt bin ich ja frisch an einem Stadttheaterbetrieb, habe also erst wenige eigenen Erfahrungen in so einer Institution gemacht. Aber wenn Strukturen zu starr sind, braucht es ja auch so lang, um Veränderungen in Gang zu setzen; deshalb sollte es wahrscheinlich ganz viel darum gehen, Hierarchien flacher und flexibler zu gestalten. Und ich denke, Theater müsste diverser sein – und zwar nicht nur nach Außen für den Look, sondern tatsächlich, auch auf den Leitungsebenen. Und natürlich muss sich auch in Fragen des Arbeitsrechts einiges verändern. Das ist ja auch schon in Bewegung und das ist total gut, aber da geht sicher noch mehr.
So ein politischer Mensch und dann Kinder- und Jugendtheater: Ist gar kein Widerspruch, oder? Schon gar nicht am Moks …
Anne Sauvageot: Nö, das ist kein Widerspruch, ich habe das Gefühl, das Moks passt gut dazu – was sich ja auch in der ersten Produktion schon gezeigt hat.
Dein erstes Stück hier ist C0N5P1R4.CY [Keine Zufälle]. Ihr als Ensemble habt das Stück gemeinsam mit Regisseur Konradin Kunze entwickelt. Was waren die Herausforderungen?
Anne Sauvageot: Ein ganz großes Thema war Reproduktion. Wir wollten was machen über Verschwörungserzählungen und die Gefahren darin, wie zum Beispiel die Nähe zum Rechtsradikalismus und Antisemitismus – ohne das auf der Bühne zu reproduzieren. Dabei dann klare Statements setzen und nicht wischiwaschi werden, das war eine große Herausforderung.
Jetzt habt ihr die ersten Schulvorstellungen gespielt, wie war das?
Anne Sauvageot: Das war super. Ich war sehr aufgeregt, das jetzt vor Jugendlichen zu spielen. Die waren voll aufmerksam, das war spannend. Wir hatten hinterher auch ein Publikumsgespräch, da ist interessant, was sie mitnehmen und was nicht. Sie haben auch einen sehr direkten Umgang mit dem Thema, und auch eine direkte Art, Fragen zu stellen.
Spielen vor Kindern und Jugendlichen, hast du da schon Erfahrung? Sind die anders als Publikum?
Anne Sauvageot: Ja, ich habe mal ein Klassenzimmerstück gemacht vor einem guten Jahr vom Theater Biel Solothurn aus. Daraufhin habe ich wirklich Lust bekommen, an ein Kinder- und Jugendtheater zu gehen, weil ich es außerordentlich fand, wie direkt die reagieren – du merkst gleich, was sie super finden oder auch nicht. Es gibt dabei nicht diese Gewohnheiten, wenn Erwachsene ins Theater gehen und dann selbst in so Rollen verfallen. Das haben Kinder und Jugendliche nicht, das finde ich sehr angenehm.
In Köln geboren, in Bern studiert, jetzt in Bremen: Fühlst du dich wohl so weit im Norden?
Anne Sauvageot: Ja, es ist noch neu. Bisher gefällt mir die Stadt sehr, sehr gut. Ich muss mich aber noch richtig einleben, habe auch noch Sehnsucht nach Bern. Aber ich freue mich krass darauf, dass ich jetzt hier etwas anfangen kann, so einen tollen Job machen kann. Da hat sich der weite Weg dann gelohnt.
Du hast dich entschieden, Schauspielerin am Moks zu werden: Was erhoffst du dir? Wo willst du hin, was möchtest du gern erreichen?
Anne Sauvageot: Ich will mich als Schauspielerin weiterentwickeln. Ich war die letzten Jahre durch meine Arbeit in der Freien Szene oder durch Gastengagements nicht so eine Routine gewöhnt – da erhoffe ich mir, dass ich darin etwas lernen kann. Und ich bin gespannt darauf, eine Teamerfahrung am Stadttheater zu machen. Und da scheinen mir die Bedingungen am Moks sehr gut zu sein, wirklich zusammen zu arbeiten und gemeinsam etwas zu entwickeln und dadurch dann auch andere Formen kennenzulernen.