Neu im Ensemble: Jasin Rammal-Rykala
Musik ist sein Lebensmittelpunkt: Als Sohn einer Musikerin war das schon früh für ihn klar. Nach einem Studium in Warschau und drei Jahren am Theater Basel ist Jasin Rammal-Rykała nun festes Ensemblemitglied am Theater Bremen.
––– english version below –––
Du bist seit ein paar Monaten in Bremen, feierst Anfang Februar mit Béatrice et Bénédict deine erste Premiere. Auf der Bühne hast du hier aber schon gestanden und zwar bei La Bohème. Bist du gut angekommen bei uns am Theater?
Jasin Rammal-Rykała: Vom ersten Tag an habe ich die wunderschöne Energie des Hauses gespürt. Ich liebe das junge Ensemble, das auch sehr ambitioniert ist und wurde auch von meinen Kolleginnen und Kollegen gut aufgenommen. Die Regisseur:innen sind großartig, sie haben eine sehr respektvolle Weise mit uns umzugehen und sie scheinen meine Arbeit zu mögen.
In La Bohème singst du einen der drei Künstler, die verarmt sind und nur für die Kunst leben. Als du dich entschieden hast, Sänger zu werden, hast du da auch auf etwas verzichtet?
Meine Mutter ist auch Musikerin, so dass ich quasi in diese Welt hineinerzogen wurde. Als ich klein war, habe ich sie zu vielen Proben begleitet. Alle Menschen, die ich kannte, waren Musikerinnen oder Musiker. Als ich zum ersten Mal jemanden traf, der kein Instrument spielte und auch nicht sang, war ich total geschockt. Ich habe die ganze Zeit versucht, für mich einen Platz zu finden in dieser musikalischen Welt.
Wann war für dich klar, dass du Sänger werden möchtest?
Als ich neun Jahre alt war und zum Kinderchor der Warschauer Oper gehörte. Wir sangen Carmen und Tosca. Ich war Kindersolist in der Zauberflöte, einer der drei Knaben, und der Sohn in Wozzeck. Auf der Bühne konnte ich mich als Kind endlich öffnen, bei den vielen Chorproben musste man immer still sitzen, in der Schule auch. Auf der Bühne hatten wir Spaß, wir bekamen Applaus und ich bekam auch eine kleine Gage. Eines Tages habe ich dann meiner Mutter gesagt, dass ich Sänger werden will.
Was hat deine Mutter gesagt?
Sie war glücklich. Ich glaube, es war ihr Traum und sie hat das irgendwie immer gewollt.
Habt ihr mal gemeinsam auf der Bühne gestanden?
Nur ein paar Mal, für Konzerte.
In Béatrice et Bénédict singst du die Partie des Don Pedro. Damit bist du zum einen eine Respektsperson, denn die ganze Geschichte spielt auf Don Pedros Willkommensfeier, denn eigentlich sind alle versammelt, um ihn und seine Leute aus der Schlacht zurück zu empfangen. Auf der anderen Seite macht es Don Pedro dann auch Spaß, Bénédict einzureden, Béatrice würde ihn lieben. Macht das Spaß?
Was ich an dieser Rolle liebe, ist, dass sie charakterlich nicht nur eine Seite hat. Er ist je nachdem mit wem er spricht, eine komplett andere Person. Er kann sehr bestimmend und förmlich sein, redet er dann aber mit seinen Freunden ist er total kameradschaftlich. Ich denke, jeder verändert sich und zeigt unterschiedliche Facetten, wenn er mit unterschiedlichen Menschen spricht.
Gibt es gesanglich bei der Partie besondere Herausforderungen?
Stimmlich eigentlich gar nicht so sehr. Was mir ein bisschen Probleme macht, sind die gesprochenen Dialoge. Ich will da keine schlechte Figur auf der Bühne machen. Ich übe viel und versuche, gut Deutsch zu sprechen. Aber was mich sehr erleichtert, ist der Einfall der Regisseurin Susanne Lietzow, dass wir ein Ensemble mit vielen Sprachen sind und diese Sprachen auf der Bühne auch alle zu hören sein dürfen. Wenn ich also wirklich lange und viel sprechen muss, kann ich das in meiner Muttersprache Polnisch tun. Das wird dann live auf der Bühne übersetzt. Es wird ein vielsprachiges Stück.
Dein Lebenslauf verrät nicht viel über dich, was nicht mit Singen zu tun hat. Was machst du, wenn du nicht arbeitest?
Seit zwei Jahren veröffentliche ich meine Musik. Ich komponiere und habe schon zwei Songs bei spotify und youtube veröffentlicht. Gerade sitze ich an einem weiteren – mit einer Bigband. Ich schreibe die Musik und auch die Texte. Davon abgesehen bin ich sehr aktiv auf Social Media, bei Instagram und seit Neuestem auch bei TikTok. Ich versuche darüber, junge Menschen für die Oper zu begeistern.
Spielst du selbst auch ein Instrument?
Ja, ich spiele Klavier, meist Jazzpiano, Gitarre und Schlagzeug.
Du bist in Warschau geboren und hast dort auch studiert. In den vergangenen drei Spielzeiten warst du Mitglied des Opernstudios OperAvenir am Theater Basel. Was muss man sich unter einem Opernstudio genau vorstellen?
Ich war zu allererst im Opernstudio in Warschau und bin dann nach Basel gegangen. Ein Opernstudio ist im Grunde genommen ein Sprungbrett: Man kann kleinere oder auch größere Rollen singen, mit tollen Dirigent:innen und Regisseur:innen zusammenarbeiten, hat aber immer noch Coachings. Man wird langsam professionell, es ist eine Mischung aus Studium und Arbeitsalltag.
Wenn du jetzt auf die nächsten Jahre hier am Theater Bremen schaust, was erhoffst du dir?
Natürlich mit tollen Kolleginnen und Kollegen zu arbeiten, mit guten Dirigent:innen und Regisseur:innen. Ich möchte gute Partien singen, mein Sein auf der Bühne verbessern. Bremen ist ein guter Ort dazu, hier fangen viele junge Talente an.
––– english version –––
Music is the center of his life: as the son of a musician, this was clear to him from an early age. After studying in Warsaw and three years in Basel, he is now a permanent member of the ensemble at Theater Bremen.
You've been in Bremen for a few months now, celebrating your first premiere here at the beginning of February with Béatrice et Bénédict. But you've already been on stage here in La Bohème. Have you settled in well at the theater?
Jasin Rammal-Rykała: From day one, I felt the wonderful energy of this place. I love the ensemble, which is young and also very ambitious, and I was also well received by my colleagues. The directors are great, they have a very respectful way of dealing with us and they seem to appreciate my work.
In La Bohème, you sing one of the three artists who are impoverished and live only for art. When you decided to become a singer, did you give up anything?
My mother is also a musician, so I was practically raised in this world. When I was very young, I accompanied her to many rehearsals. Everyone I knew was a musician. The first time I met someone who didn't play an instrument or sing, I was totally shocked. I spent the whole time trying to find a place for myself in this musical world.
When did you realize that you wanted to become a singer?
When I was nine years old and a member of the Warsaw Opera Children's Choir. We sang Carmen and Tosca. I was a child soloist in Die Zauberflöte, the Knabe, and the son in Wozzeck. As a child, I was finally able to open up on stage, you always had to sit still at the many choir rehearsals, and at school too. We had fun on stage, we got applause and I also got a small fee. Then one day I told my mother that I wanted to be a singer.
What did your mother say?
She was happy, I think it was her dream. She somehow somewhere wanted it always.
Have you ever been on stage together?
Just for concerts, only a few times.
In Béatrice et Bénédict, you sing the role of Don Pedro. On the one hand, this makes you a person of respect, because the whole story takes place on Don Pedro's estate and everyone is actually gathered to welcome him back from battle. On the other hand, Don Pedro also enjoys convincing Bénédict that Béatrice loves him. Is that fun?
What I love about this role is that it doesn't just have one side in terms of character. He's a completely different person depending on who he's talking to. He can be very authoritative and formal, then when he talks to his friends he's a kind of buddy. I think everyone changes and shows different facets when they talk to different people.
Are there any particular vocal challenges in the role?
Vocally, not really that much. What I have a bit of a problem with are the spoken dialoges. I don't want to be weak on stage. I practise a lot and try to speak good German. But what makes it a lot easier for me is the director Susanne Lietzow's idea that we are an ensemble with many languages and that these languages can all be heard on stage. So if I really have to speak a lot and for a long time, I can do so in my mother tongue, Polish. This is then translated live on stage. It will be a multilingual play.
Your biography doesn't reveal much about you that doesn't have to do with singing. What do you do when you're not working?
I have been publishing my music for two years now. I compose and have already released two songs on spotify and youtube. I'm currently working on another one - with a big band. I write the music and also the lyrics. Apart from that, I'm very active on social media, on Instagram and, most recently, on TikTok. I'm trying to get young people interested in opera.
Do you play an instrument yourself?
Yes, I play the piano, mostly jazz piano, guitar and drums.
You were born in Warsaw and also studied there. You have been a member of the OperAvenir opera studio at Theater Basel for the past three seasons. What exactly is an opera studio?
I was first in the opera studio in Warsaw and then went to Basel. An opera studio is basically a stepping stone: you can sing smaller or larger roles, work with great conductors and directors, but you still have coaching sessions. You slowly become a professional, it's a mixture of studying and working.
Looking ahead to the next few years here at Theater Bremen, what do you hope to achieve?
Of course, to work with great colleagues, with good conductors and directors. I want to sing good roles and improve my stage presence. Bremen is a good place to do this, many young talents start out here.