ourveryownfeministbookclub: Unlearn Patriarchy
Der feministische Buchclub ist zurück: Dramaturgin Theresa Schlesinger über das Vorhaben, gemeinsam zu verlernen.
September 2023: Wir wollen einen Anfang machen. Im Wandel der Jahreszeiten steckt auch immer wieder die Chance auf einen Neubeginn. Der Sommer ist fast vorüber, der Herbst steckt in den Startlöchern, der Winter ist noch in weiterer Ferne, wird aber schon langsam sichtbar ganz da hinten am Ende des Jahres. Begreifen wir diese Übergangszeit als Moment der Transformation, ist es genau der richtige Zeitpunkt, um sich Gedanken über das Verlernen zu machen. Unlearn Patriarchy herausgegeben von Lisa Jaspers, Naomi Ryland und Silvie Horch ist die ausgewählte Lektüre für das Buchclubtreffen im September!
Was heißt „Unlearning“?
Laut Duden bezeichnet der Begriff „Unlearning“ etwas Erlerntes, Gewusstes, Gekonntes allmählich immer weniger, schließlich gar nicht mehr zu beherrschen. Wir machen also einen Anfang, indem wir uns dem stellen, was schon in uns steckt und dem zuwenden, was (anders) sein könnte. „Unlearning“ ist ein aktives Verb. Es impliziert ein Erkennen oder eine Analyse bestimmter Strukturen, Narrative, Verhaltensmuster, die uns in unserem In-der-Welt-sein geprägt haben und die wir durch die Auseinandersetzung aktiv vergessen, indem wir den Versuch unternehmen, es anders zu machen. Das, was vorher da war, was wir gelernt hatten, verinnerlicht, was wir leben und gelebt haben, wie wir die Welt und uns darin wahrnehmen: Das alles wird in Frage gestellt. Wie könnte es jenseits von patriarchalen Strukturen aussehen? Was macht das Verlernen von Sprache, Gender, Liebe, Arbeit, Wissenschaft, Sex, Familie, Identität, Rassismus, Bildung, Kapitalismus, Politik, Geld, Technologie und Macht mit uns und wie kann das überhaupt gehen?
Es gibt so vieles zu verlernen, dass es manchmal überfordernd ist.
Was bleibt am Ende? „Wer das Patriarchat verlernen möchte, unternimmt einen Aufbruch ins Ungewisse.“, schreibt Kübra Gümüşay in ihrem Beitrag für das Buch. Und das Ungewisse ist bekanntlich meistens beängstigend, verlassen wir doch das sichere Terrain, auf dem wir uns bisher bewegt haben und laufen so Gefahr, dass sich unsere Position grundlegend ändert. Doch die Aussicht auf eine Erweiterung der Perspektive, eine Veränderung, einen Neuanfang ist so viel heller und ermutigender, als das Steckenbleiben in immer alten Mustern, die ausschließend, diskriminierend und limitierend sind. Also los! „Das Patriarchat zu verlernen, Klasse zu verlernen, Rassismus zu verlernen, bedeutet nicht, deren Existenz zu leugnen. Es meint nicht, deren Gewalt zu ignorieren. Es beinhaltet nicht, deren Systematik und strukturelle Natur zu negieren. Verlernen bedeutet, den Missstand ganz genau zu studieren und es genau deshalb anders zu machen.“ (Kübra Gümüşay in Unlearn Patriarchy)
Was ist ein Buchclub?
Verlernen heißt auch, ehrlich mit sich selbst sein, vulnerabel und offen. Sich Fehler eingestehen und immer wieder zu hinterfragen, ist wichtiger Bestandteil in diesem Prozess. Und das geht am besten gemeinsam. Gemeinsam verlernen heißt dann auch, miteinander sanft und aufmerksam zu sein. „Wir hören einander zu. Wir machen uns verletzlich, denn wir stellen unsere persönlichen Geschichten in den Raum. Unser Wissen und unsere Erfahrungen, aber auch unsere Fragen, Zweifel und Unsicherheiten. Wir bitten um Hilfe. Und wir bieten Hilfe. Wir (ver)lernen gemeinsam.“, schreiben die Herausgeberinnen des Unlearn Patriarchy-Bands in ihrem Vorwort. Genau das ist auch die Idee dieses Buchclubs. Wir laden ein zum Austausch mit dem Wissen, dass jede:r eine andere und wertvolle Perspektive mitbringt und wir alle zusammen lernen und verlernen wollen. Der Plan: Wir treffen uns in einem Abstand von zwei Monaten und besprechen eine vorher ausgewählte feministische Lektüre. Wir teilen unsere Leseerfahrung und kommen darüber in Kontakt miteinander und mit dem Material. Herzliche Einladung!
Anmeldung und weitere Infos über dramaturgie@theaterbremen.de