Tanz
Kleines Haus
HIATUS
von Helder Seabra / Unusual Symptoms
„Angst ist der Schwindel der Freiheit.“ (Kierkegaard) – Wenn eine Ordnung zerfällt, sprechen wir oft vom Chaos, in das die alten Verhältnisse verschwinden und dort neu verhandelt werden. Das Chaos ist eine Zeit der Unsicherheit und Kämpfe, der radikalen Intensität und Überladung der Sinne. Und es ist nicht nur Folge, sondern auch ein Mittel des Zerfalls, Werkzeug von Manipulation und Macht. Was sind die Kräfte, die uns ins Taumeln bringen? Und kann Chaos auch einen Aufbruch markieren, der nicht ans Ende, sondern an einen neuen Anfang führt?
In seiner ersten Arbeit für das Theater Bremen und mit der neu formierten Kompanie Unusual Symptoms erkundet der portugiesische Choreograf Helder Seabra in HIATUS die Lücke, den Zwischenraum im Übergang einer gewohnten Ordnung in eine nächste. Mit großer körperlicher Energie und im Zusammenspiel von Tanz, Schauspiel und der Musik des belgischen Multiinstrumentalisten Stijn Vanmarsenille spielt das Ensemble mit den Fliehkräften der Veränderung und untersucht das menschliche Verhältnis zu Stabilität und Zerfall.
Im Rahmen des Bremer Frühling
- von und mit: Gabrio Gabrielli
Michai Geyzen, Nóra Horváth, Alexandra Llorens, Ulrike Rachel-Reinbott, Diego de la Rosa, Andor Rusu, Young-Won Song
Choreografie Helder Seabra
Bühne Matthieu Götz
Kostüme Alexandra Morales
Licht Tim Schulten
Musik Stijn Vanmarsenille
Dramaturgie Gregor Runge
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- „Die neu formierte Tanzkompanie Unusual Symptoms springt in dieser gleichermaßen kompakten wie klugen Choreografie (Helder Seabra) beherzt über Abgründe, spürt Ordnung im Chaos auf (und vice versa), balanciert wacker über den schmalen Grat zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – und vermittelt überhaupt ein ums andere Mal den für die Zukunft der Sparte verheißungsvollen Eindruck, dass Akrobatik und Athletik leichthin und doch ungemein ausdrucksstark zu versöhnen seien.“ (Hendrik Werner, Weser Kurier, 10. November 2018)
„Choreograf Helder Seabra aus Portugal macht das so: Er lässt Alexandra Llorens, der schillernsten Erscheinung unter den Neuen, allen Raum, den ihr Ausdruck verlangt. Dann trippelt sehr vorsichtig Nóra Horváth in die Lücken, verblüfft erst spät, dann aber so richtig, mit ihrem akrobatischen Ausdruck. Dass als dritte auch noch Young-Won Song dazwischen passt, liegt an der unglaublichen Präzision ihrer Bewegungen. Harmonisch wirkt das alles nicht. Im Gegenteil: Die Choreografie lebt von ihren passgenau gesetzten Reibungspunkten auch mit den alteingesessenen Tänzern der Kompanie. Gabrio Gabrielli etwa, der seit Jahren dabei ist, fügt sich nicht nur unprätentiös ein, sondern bildet mit hingeschlackerter Lockerheit einen markanten Kontrapunkt zum drahtig-präzisen Schritt des neuen Kollegen Andor Rusu.“ (Jan-Paul Koopmann, Kreiszeitung, 14. November 2018)
„Stabilität und Zerfall zeigen sich nicht nur in der Choreografie, sondern auch in der Bewegungssprache der Kompaniemitglieder […]. Mal ist sie roboterhaft, mal komplett entfesselt, mal fließend, mal hart, und dann wieder rhythmisch geleitet von der Musik. Auch Sprache und der Atemrhythmus werden zum Ordnen eingesetzt und die Gruppenchoreografien scheinen beinahe spontan aus den vielen unterschiedlichen Solos, Duos, Trios zu entstehen.“ (Martina Burandt, tanznetz, 11. November 2018)
„‘Hiatus‘ heißt diese erste Inszenierung der frisch umformierten Tanzkompanie Unusual Symptoms am Bremer Theater. Und es beginnt mit einer Absage an das gesprochene Wort, oder überhaupt: an einfache Antworten. […] Und fürs Publikum, zumindest das hat ‚Hiatus‘ ohne Mehrdeutigkeiten und Ambivalenzen geklärt, geht es auch mit neuen Gesichtern lückenlos weiter auf hohem Niveau.“ (Jan-Paul Koopmann, taz, 28. November 2018)