Text und Bühne gehören euch!

Die neue Produktion der Jungen Akteur:innen „State of the Heart“ bringt fünf Jugendliche und vier Autor:innen zusammen – und das auf die Bühne, was die Jugend gerade bewegt. Pressesprecherin Diana König hat die junge Akteurin Dewi Katharina Frese und die Autorin Elif Zengin getroffen.

Dewi, im neuen Stück soll es um euren „State of the Heart“ gehen: Was ist wichtig in eurem Leben, wofür braucht ihr eine Bühne? Wofür brauchst du eine Bühne?

Dewi Katharina Frese: Ich habe über diese Frage lange nachgedacht und bin ohne einen Plan zu haben zum Workshop gegangen. Das ist ja oft so, dass, wenn man was gefragt wird, man keine Antwort weiß. Wenn mich zum Beispiel jemand fragt, welche Musik ich höre, fällt mir kein Name ein. Da waren die Gespräche mit Elif sehr angenehm, die waren sehr casual, nicht so wie ein Verhör: „Was willst du sagen? Gib eine Antwort!“

Magst du ein Beispiel geben, worum es geht?

Dewi Katharina Frese: In meinem Monolog geht es nicht nur um eine Sache, sondern um mehrere Themen. Zum Beispiel um meine Identität. Wie nehme ich mich selbst wahr und wie nehmen mich andere wahr? Wo sehe ich meinen Platz in der Gesellschaft? Der Text ist facettenreich.

Auf der Bühne selbst performst du das aber gar nicht in deinen eigenen Worten, sondern du sprichst eine Text von der Lyrikerin und Dramaturgin Elif Zengin. Den habt ihr zusammen erarbeitet. Elif, wie lief das ab?

Elif Zengin: Dewi und ich haben uns bei den Workshops kennengelernt. Zu Beginn haben wir verschiedene Spiele gemacht und da habe ich schon einiges erfahren. Hinterher hatten wir auch Zeit nur zu zweit auf der Bühne und haben wieder Kennenlernspiele gespielt und ich habe mir Notizen gemacht. Aus denen habe ich anschließend einen Text entwickelt. Der besteht zum einen aus Dewis Worten, aber auch aus meiner Sprache. Mein Ziel war, dass man aus meiner Sprache Dewi heraushören kann. Dewi benutzt zum Beispiel viele Anglizismen und die habe ich dann auch eingebaut.

Und, Dewi, findest du, dass Elif gute Worte gefunden hat, um auszudrücken, was du sagen wolltest?

Dewi Katharina Frese: Definitiv. Als ich den Text zum ersten Mal gelesen habe, war ich überrascht, wie sie es geschafft hat, alles, worüber wir gesprochen haben, reinzupacken.

War das für dich ein bisschen ein Schutz, dass dir Elif Worte gegeben hat? Kannst du dich dadurch auf der Bühne anders zeigen?

Dewi Katharina Frese: Ich habe auch schon an anderen Projekten teilgenommen, bei denen ich meinen eigenen Text gesprochen habe. Aber durch Elifs Text habe ich dieses Mal ein Gerüst, das es mir ermöglicht, mich manchmal auch ein bisschen davon zu distanzieren. Der Text ist dabei dennoch sehr persönlich und ich identifiziere mich sehr mit ihm. Aber es ist etwas anderes, wenn man etwas so Persönliches erzählt, es nicht in den eigenen Worten zu tun.

Elif, ich stelle es mir nicht so leicht vor, einen Ausdruck für die Perspektive einer anderen Person zu finden. Oder war das für dich anders?

Elif Zengin: Am Anfang war es schwierig, mich für Stil und Inhalt zu entscheiden. Es war eine Herausforderung, einen Schreibstil zu entwickeln, der zu Dewi passt, zu ihrem Alter, zu ihrem Sein. Je mehr ich Dewi kennengelernt habe, desto mehr hat sich auch der Text entwickelt. Und für mich als Autorin war es wichtig, den Text niemandem zu zeigen, bis er fertig war.

Du hast für zwei der Jugendlichen die Texte geschrieben, insgesamt haben vier Autor:innen mitgearbeitet. Habt ihr als Autor:innen auch miteinander gearbeitet?

Elif Zengin: Überhaupt nicht. Wir haben an dem Tag zum ersten Mal gehört, wie die anderen schreiben, an dem die Jugendlichen ihre Texte bekommen haben und laut vorlesen durften.

In der Performance werden die Texte miteinander verschränkt, es kommen also nicht fünf Monologe nacheinander. Wie funktioniert das, Dewi?

Dewi Katharina Frese: Gut. Es tauchen in den einzelnen Monologen sehr viele Gemeinsamkeiten auf. Sachen, in denen sich die anderen wiederfinden können. Dadurch sind oft fließende Übergänge entstanden. Manchmal unterbrechen wir den Text aber auch und machen Dinge gemeinschaftlich.

Elif Zengin: Ich habe den Text zwar für Dewi geschrieben, aber es ist jetzt an der Performance schön zu sehen, dass sich andere darin auch finden können. Menschen ähneln sich ja. Beim Schreiben habe ich auch oft gedacht, dass es Ähnlichkeiten zwischen Dewi und mir gibt.

Wie ist das, jetzt diesen gemeinsam erarbeiteten Text zu performen? Kommst du da nochmal anders ins Nachdenken darüber, was dein Ausgangspunkt war?

Dewi Katharina Frese: Ich persönlich merke keinen Unterschied, es fühlt sich nicht an wie Elifs Text, sondern wie mein Text. Es geht ja um mich.

Hast du beim Schreiben schon daran gedacht, Elif, wie dein Text später auf der Bühne klingt, ob er sich in die anderen einfügt?

Elif Zengin: Ja, das tue ich aber auch als Lyrikerin. Ich frage mich beim Schreiben, wie der Sprachrhythmus ist, in welchem Tempo gesprochen werden wird. Es war dann überraschend, wie Emiliano und Dewi die Texte performen, nämlich ganz anders als ich es mir vorgestellt habe. Aber das habe ich beiden gesagt: Der Text gehört jetzt euch, ihr dürft damit machen, was ihr wollt.

 

 

Veröffentlicht am 6. Februar 2023