Von wegen: Kein Schwein interessiert sich für mich ...

An der Bühnenpforte ist es noch nicht mal zu Corona-Zeiten einsam. Diana König hat René Leu beim Dienst besucht.

Die Bühnenpforte ist ein magischer Ort. Jeder, der schon mal bei einem Vorsprechen oder -singen, einem Bewerbungsgespräch oder Ähnlichem die kleinen Treppen zum Inneren des Theaters hochgestiegen ist, kennt dieses Herzklopfen. Hier dazu gehören wollen: Wenn der Pförtner erstmal meinen Namen kennt … Namen, Gesichter und viele kleine Geheimnisse − all das bewahren die Bühnenpförtner*innen des Theater Bremen in ihren Herzen. Sie wissen, wie Don Giovanni in Unterhose aussieht, welcher der Schauspieler in der Pause eine Pizza bestellt, wer immer auf den letzten Drücker kommt. Sie passen auf Celli und Blumensträuße auf, nehmen Pakete entgegen, helfen mit Pflastern weiter und oft auch mit einem kleinen Plausch, um das Lampenfieber zu vertreiben.

Doch was machen sie wohl jetzt, wo wegen der Corona-Krise das Theater fast nicht arbeitet?

Das haben wir uns in der Redaktionskonferenz gefragt und gedacht, dass sie sicher sehr einsam sind, da an der Bühnenpforte. „Das stimmt nicht“, lächelt René Leu, als ich ihm sage, dass ich gern einen Artikel mit dem Titel Kein Schwein interessiert sich für mich über ihn schreiben würde, „das denken viele, dass wir hier ganz allein sind, deswegen kommen sie vorbei – mit Kuchen und Zeit für ein Gespräch, mit Abstand natürlich.“

Auch jetzt steht ein Muffin neben ihm, den hat ihm sicher jemand vorbeigebracht …

Vorbeigebracht werden außer Muffins auch jetzt viele andere Dinge, denn einige Gewerke haben die Arbeit schon wieder ganz oder in Teilen aufgenommen, bekommen Material geliefert und Pakete mit Bestellungen. „Und die ersten Wochen des Shut Downs war es besonders stressig, da hat unsere Schneiderei für die Mund- und Nasenmasken doch nach Stoffspenden gesucht,“ erinnert sich René Leu, „da war hier richtig viel los und alles ganz schön voll, überall Berge aus Stoff.“ Auch ansonsten ist der Arbeitsalltag jetzt anders als früher, die Arbeitszeiten sind durch den eingestellten Spiel- und Probenbetrieb kürzer, weniger Kolleg*innen gehen täglich ein und aus, dafür klingelt das Telefon öfter: „Viele Leute rufen an der Pforte an, wenn sie an der Theaterkasse niemanden erreichen und fragen, wie sie ihre Karten umtauschen können oder ob sie noch Stoffspenden abgeben können. Da geben wir dann natürlich auch Auskunft.“

Aber die leeren Gänge sind schon traurig.

Es gibt also zu tun an der Pforte und auch immer mal wieder jemanden zum Reden, doch das „rege Treiben der Kunst“ fehlt, sagt Leu, der seit zwei Jahren an der Bühnenpforte arbeitet. Am Theater Bremen ist der 55-Jährige aber schon seit über dreißig Jahren beschäftigt, früher war er bei der Bühnentechnik, kennt also viele Theaterleute schon sehr lange: „Wenn die Proben wieder beginnen, beginnt auch der Alltag wieder mehr, momentan sehe ich ja eigentlich immer die gleichen Menschen, dann gibt es wieder mehr Abwechslung, dann ist wieder was los.“ Und eines fehlt ihm auch, nämlich das Vorstellungen-Schauen. „Ich kann ja dem Geschehen auf der Bühne über den Monitor hier bei mir in der Pforte folgen, das mache ich abends immer, wenn ich Dienst habe und wir spielen, das vermisse ich sehr.“