Was ist für dein System relevant? #4

Auf ein Gespräch mit Amir Hosseini, 16 Jahre alt und als Junger Akteur beim Projekt Erben dabei. Moks-Dramaturg Sebastian Rest und Theaterpädagogin Rieke Oberländer führten das Interview.

Wie ist die Situation in deiner Familie? Gehen deine Eltern zur Arbeit? Sind sie im Homeoffice, auf Kurzarbeit etc.?

Amir Hosseini: Meine Mutter ist auch sonst zuhause und mein Vater ist gerade im Homeoffice. Er arbeitet im Geschichtenhaus und muss jetzt ein Buch über das Schnoor Viertel lesen und das dann zusammenfassen.

Wo verbringst du am meisten Zeit momentan?

Amir Hosseini: Ich verbringe die meiste Zeit in meinem Zimmer, an meinem Schreibtisch oder in meinem Bett. Oder auch im Wohnzimmer, wenn ich mit der Familie Filme schaue oder Brettspiele spiele. 

Wie ist dein Tagesablauf?

Amir Hosseini: Ich stehe ungefähr um 8 oder 9 Uhr auf. Ich hab mir einen Lehrplan erstellt, weil ich in der 10. bin und bald die Abschlussarbeit schreibe. Dann lerne ich so ungefähr bis 12 Uhr und dann lerne ich nochmal zwei Stunden nachmittags und 2 Stunden abends, Mathe, Deutsch und Englisch.

Wie kommst du mit dem Homeschooling zurecht?

Amir Hosseini: Am Anfang war es recht schwer für mich, weil ich gar nicht klargekommen bin, aber nach einer Woche habe ich mir einen Lehrplan erstellt. Es ist nicht dasselbe wie normaler Unterricht, aber schwere Situationen erfordern schwere Maßnahmen ...(lacht).

Was ist dein erster Gedanke, wenn du aufstehst?

Amir Hosseini: Mein erster Gedanke ist, was ich denn jetzt in den Fächern machen soll, denn gerade habe ich viel Stress wegen Prüfungen. Ich habe sehr viel Angst vor den Prüfungen, Angst, die nicht zu schaffen und deswegen mache ich mir selber viel Druck.

Wie zufrieden bist du gerade?

Amir Hosseini: Ich bin eigentlich recht zufrieden. Ich versuche, das Beste aus der Situation zu machen.

Was tust du gerade, was du sonst niemals tun würdest?

Amir Hosseini: Ich zeichne. Ich habe früher niemals gedacht, dass ich zeichnen würde können, aber einmal war mir langweilig und da dachte ich mir, ja zeichne doch einfach und dann habe ich gezeichnet und gesehen, ich kann es doch und habe das weiter gemacht.

Hat diese Situation deine Sicht auf Dinge geändert? Beispielsweise die Sicht auf Schule, Freunde, Familie, Gesellschaft, Hobbys?

Amir Hosseini: Natürlich hat das meine Sicht auf vieles verändert. Also den Lehrplan, den hätte ich niemals vor den Corona-Zeiten gemacht und zum Beispiel meine Freunde, Familie und Hobbys, die wusste ich nie so richtig zu schätzen und dachte, das ist was ganz Normales und seit den Corona-Zeiten merke ich, dass man sowas auf jeden Fall mehr schätzen sollte.

Wie bleibst du mit deinen Freunden in Kontakt?

Amir Hosseini: Wir schreiben öfter miteinander oder wir videochatten. 

Warum ist die Situation für Jugendliche besonders herausfordernd?

Amir Hosseini: Weil man es sonst gar nicht kennt, dass man so lange zuhause bleiben muss und weil man sich nicht entwickeln kann und sich nicht richtig ausleben kann auf engem Raum mit der Familie. Sonst ist man ja in der Schule oder geht raus mit Freunden.

Was ist für Jugendliche jetzt wichtig? Was müssen deiner Meinung nach die nächsten Schritte sein?

Amir Hosseini: Für Jugendliche und Kinder ist es auf jeden Fall wichtig, sich zu beschäftigen, sich kreativ auszuleben, so dass man nicht irgendwie in Depressionen verfällt oder sich langweilt. Man sollte auf jeden Fall jeden Tag was Neues entdecken, vielleicht Sachen ausprobieren, die man früher nicht getan hat.

Was sind deine Befürchtungen zur Zeit?

Amir Hosseini: Ich hab gerade eigentlich gar keine Befürchtungen. Diese Einschränkungen haben viele Vorteile, man wird sich im Klaren darüber, dass es auch in Zukunft wieder zu so einer Situation kommen kann und man lernt daraus. Die Gesellschaft entwickelt sich daran und so wird man stärker, indem man lernt.