Zählt eine Räuberbande als Kohorte?
Ronja Räubertochter in Zeiten von Corona
Brotkrumen, Karottenstücken, strahlende Augen und ein bebender Saal: Wenn wir im Dezember oder Januar gestresst oder frustriert waren, gingen wir vor Corona heimlich für zehn Minuten hinten in die Schulvorstellung und holten uns eine geballte Dosis Energie … In diesem Jahr können wir Ronja Räubertochter für Klassen spielen, aber ein bisschen anders als früher. Alina Holz aus der Marketingabteilung hat mit Simone Schumann, die die Schulbesuche organisiert, gesprochen.
Alina Holz: Vor Corona konnten knapp 800 Besucher:innen unsere Märchenvorstellungen besuchen. In Corona-Zeiten gibt es natürlich viele Sorgen. Wie geht ihr damit um? Was ist in diesem Jahr bei den Schulvorstellungen anders?
Simone Schumann: Unsere derzeitigen Regelungen sehen vor, dass wir statt 800 Besucher:innen nur noch um die 600 Personen platzieren können. Die Schulklassen werden dabei nach Kohorten gesetzt. Vor und hinter den einzelnen Gruppen wird immer eine Reihe frei gelassen, daneben wird ein Abstand von 1,5 Metern eingehalten. Durch die Maßnahmen stellen wir sicher, dass das Infektionsrisiko weitestgehend eingedämmt wird. Sollte der Theaterbesuch coronabedingt abgesagt werden müssen, entstehen Schulen dadurch keine Kosten!
Bei unseren normalen Vorstellungen kontrollieren wir ja die 3G-Regel, wie ist das bei den Schulvorstellungen?
Simone Schumann: Um größtmögliche Sicherheit zu garantieren, müssen die Kohorten beim Einlass einen Testnachweis vorlegen, von allen erwachsenen Begleitpersonen benötigen wir einen 3G-Nachweis. Bei den Märchenvorstellungen herrscht während des Einlasses immer ein ziemliches Durcheinander und Gewusel, bis die Kinder ihre Jacken abgelegt haben und sich auf ihren Plätzen befinden. Daher gilt bei den Schulvorstellungen im gesamten Theater Maskenpflicht. Dennoch wollten wir den Kindern ermöglichen, während der Vorstellung frei lachen und mitfiebern zu können. Da alle Zuschauerräume mit einer effektiven Frischluftanlage belüftet werden, ist gute Luft im Saal garantiert. Wenn keine Bewegung mehr im Saal herrscht, sich alle Besucher:innen auf ihren Plätzen befinden und die Vorstellung beginnt, dürfen die Masken abgenommen werden.
Warum ist es wichtig, dass Klassen in Kohorten sitzen?
Simone Schumann: Das Platzieren nach Kohorten ist wichtig, weil dadurch natürlich das Infektionsrisiko minimiert wird. Die Klassen sitzen normalerweise auch zusammen in einem Klassenraum, sollten aber nicht mit anderen Kohorten durchmischt werden. Und natürlich geht es hier auch um das Sicherheitsgefühl, das meiner Meinung nach nicht zu vernachlässigen ist. Nach eineinhalb Jahren Corona sind viele Eltern, Lehrer:innen und auch Kinder sehr verunsichert. Wir als Theater wollen das Signal senden: Hier gibt es einen maximal sicheren Rahmen, sodass ihr euch bei uns wohlfühlen könnt. Dafür wollen wir alles uns Mögliche tun.
Eine Einschränkung gibt es: Es darf in diesem Jahr nicht im Theater gegessen werden … die Picknicks in den Foyers fallen weg …
Simone Schumann: Das ist natürlich sehr schade, viele Klassen haben die Zeit nach der Ankunft genutzt, um das mitgebrachte Pausenbrot zu essen. Das ist in diesem Jahr leider nicht möglich. Natürlich können die Klassen bei gutem Wetter einfach draußen frühstücken. Essen ist ja auch kein elementarer Bestandteil für einen schönen Theaterbesuch und die Vorstellungen dauern nur 70-80 Minuten.
Weihnachten ohne den Besuch einer Märchenvorstellung ist ja in Bremen kaum denkbar, viele Erwachsene erzählen noch heute von den Schulbesuchen hier.
Simone Schumann: Ich glaube, dass die Atmosphäre bei den Märchenvorstellungen einfach eine ganz besondere ist. Und natürlich sind die Stücke einfach schön! Ganz viele Lehrer:innen kennen das selbst noch aus ihrer Kindheit, die Weihnachtsvorstellungen sind fast schon Tradition. Teilweise rufen mich alte Klassenkamerad:innen an und wollen wie früher zur Einstimmung auf die Weihnachtszeit mit ihren Klassen zu uns in die Märchenvorstellungen kommen. Manche Kinder ziehen sich sogar richtig schick an, wenn sie zu unseren Vorstellungen kommen oder stehen mit großen Augen im Theater am Goetheplatz und staunen über die Dimensionen. Das große Haus mit seinen zwei Rängen und dem riesigen roten Vorhang hat ja auch einen gewissen Zauber …
Gibt es denn einen Unterschied in der Nachfrage zu Vor-Corona-Zeit?
Simone Schumann: Ich hatte erst befürchtet, dass in diesem Jahr viel weniger Schulklassen zu uns ins Theater kommen. Aber das hat sich nicht bestätigt, wir haben eigentlich genauso viele Anmeldungen wie vor Corona.
Theater ist wichtig für die Schüler:innen, das hört man oft, aber warum sind die Schulbesuche wichtig für das Theater?
Simone Schumann: Ich persönlich glaube ja, dass Kinder einem unheimlich viel geben können. In den Theatervorstellungen fiebern sie ganz besonders mit, lachen herzhaft und sind konzentriert. Das Spielen vor Schulklassen muss unglaublich viel Spaß machen. Außerdem wird natürlich ein Grundstein für später gelegt, wenn Kinder von früh auf ins Theater gehen und dort gute Erfahrungen sammeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch später als Erwachsene ins Theater gehen, steigt dadurch sicherlich ungemein. Man könnte sagen, Schulvorstellungen halten in gewisser Weise das Theater am Leben. Ich selbst war tatsächlich das erste Mal mit 6 Jahren im Theater in einer Märchenvorstellung. Ich habe mir damals im Theater Bremen „Jim Knopf und die wilde 13“ angeschaut. Und ich kann definitiv sagen, dass die Erfahrung einen Grundstein fürs weitere Leben gelegt hat.
Veröffentlichung: 11.11.21