Special

Theater Bremen

Kidnapping Mozart

Anfang Juli 2015 wird das Theater Bremen über politisches Musiktheater nachdenken und sich zu einigen Reflexionen über den afrikanischen und den europäischen Kontinent in Relation setzen. Im Zentrum der Tage steht die Premiere von Benedikt von Peter, Gintersdorfer/Klaßen, Ted Gaier und Markus Poschner „Les Robots ne connaissent pas le Blues oder Die Entführung aus dem Serail“. Dieser Abend, der nur zwei Mal aufgeführt wird, will wildes Tun mit diszipliniertem Denken, will Beat mit Harmonie zusammenbringen. Mozarts „Entführung“ ist dabei der musikalische und inhaltliche Ausgangspunkt, in kaum einer anderen Oper geht es so deutlich um die Auseinandersetzung zweier heterogener Kulturen. Diese Begegnung spiegelt sich im Aufeinandertreffen des Bremer Opernensembles mit den regelsprengenden Ivorern von Gintersdorfer/Klaßen – zwei zunächst sehr unterschiedliche Systeme des Denkens und Arbeitens stellen Kontaktpunkte her, die im besten Fall zu einer zumindest kurzfristigen Veränderung beider Systeme führen. Der Musiker Ted Gaier von den Goldenen Zitronen, der ivorische Sowbiz-Star Skelly und der Dirigent Markus Poschner mit seinen Bremer Philharmonikern sind bei diesem Versuch die musikalischen Gewährsmänner.
An den Vor- und Folgetagen dieser Premiere zeigt das Theater Bremen verschiedene Veranstaltungen, die sich mit (Musik-)Theater, Politik und Afrika beschäftigen und Impulse für das musiktheatrale Nachdenken über den afrikanischen und den europäischen Kontinent geben wollen. So wird der Regisseur Christopher Roth mit der Künstlerin Anne Tismer und dem togolesischen Autor und Schauspieler Sitsofé Azoma „Afrika für Dummies“ erklären, denn was man nicht zu fragen traut, sollte man trotzdem wissen. Auch Christopher Roths in Beira gedrehter Film „Mozartbique“ wird in der Schauburg zu sehen sein. Die Puppentheatergruppe Das Helmi schlägt mit ihrem „Zirkus des Fortschritts“ und dem kinderfreundlichen „Zirkus der Tiere“ auf dem Goetheplatz auf, der polyglotte sudanesische Pop-Musiker Ahmed Gallab alias Sinkane wird seine genreübergreifend inspirierte Soulmusik spielen und die Hamburger Künstlergruppe tapemosphere macht Skulpturen aus dem in Afrika immer noch meistverbreiteten Musikträger: Kassetten. Auch Christophs Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso wird dank Schlingensiefs Nachlassverwalterin Aino Laberenz (und vieler großzügiger Spenden: http://www.operndorf-afrika.com/index.php/spenden.html) präsent sein, über den Stand der Dinge wird man sich im noon/Foyer Kleines Haus informieren können. Ein Symposium mit den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern bündelt die verschiedenen ästhetischen und politischen Ansätzen, die dieser Tage am Theater Bremen anwesend sind, ehrenvoller Weise wird ihnen dabei das kongolesisch-südafrikanische Theorie-Star-Paar Achille Mbembe und Sarah Nuttall per Video aus Johannesburg seine Aufwartung machen, der Titel ihres Vortrags lautet „African Aesthetics and Politics: Anatomy of a Divorce“
.
Drei Workshops bieten darüber hinaus allen Interessierten mit und ohne Vorkenntnisse die Möglichkeit, mit verschiedenen afrikanischen Strategien der künstlerischen Reaktion auf politische Verhältnisse in Kontakt zu kommen: Der senegalesische Punchline King und Mitbegründer der aktivistischen Bewegung „Y’en a marre“ Djily Bagdad wird die Verbindung zwischen Hip Hop und Aktivismus augenscheinlich machen, die Hamburger Queereeoké-Gang von Danny Banany und Sven Zaim wird die New Yorker Voguing-Ball-Kultur nach Bremen holen und die Party am Samstag Abend auf der großen Bühne glamourös aufpolieren und der ehemalige Leiter des togoischen Nationaltheaters und Schriftsteller Sénouvo Agbota Zinsou wird den WorkshopteilnehmerInnen anhand seines Stückes „Die 7. Königin“ seine Arbeitsweise erläutern. Am Sonntag Nachmittag dann tritt das aktivistische Schwabinggrad Ballett auf dem Goetheplatz auf und formuliert gemeinsam mit den Flüchtlingen der Hamburger Lampedusa-Gruppe seine Forderungen. Und zur Eröffnung des Festivals zeigen die Studierenden der Hamburger Theaterakademie unter der Mentorschaft des Regisseurs und Musikers Schorsch Kamerun, was ihnen zu den Themen Andersartigkeit/Fremdheit/Musik eingefallen ist. Kidnapping Mozart – dass er mit uns sei!


Shows

Donnerstag, 2. Juli

16:30 auf dem Goetheplatz
Zirkus der Tiere / Zirkus des Fortschritts – Eröffnung/Umzug der Puppentheaterkombo Das Helmi 

Ab 6 Jahren
Eintritt frei!

18 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus:
Festivaleröffnung und Vernissage Tapemosphere #24 featuring Power Siehe Ausstellungen/Installationen

19 Uhr im Kleinen Haus
Die Fünfminutenmaschine – Musikinstallation über das Verworfensein
10 € / 9 €

20 Uhr auf dem Goetheplatz
Le Sacre du Printemps von Das Helmi
5 € – 8 € (nur Abendkasse)

21 Uhr im Kleinen Haus
Theater Bremen Konzert #36 – Sinkane (Soul/Funk/Sudan-Pop – DFA-Records New York)
15 €

Freitag, 3. Juli

17 Uhr auf dem Goetheplatz
Drufus der Drache von Das Helmi

17 Uhr in der Schauburg (Vor dem Steintor 114)
Mozartbique – Film von Christopher Roth (in Zusammenarbeit mit Franz von Stauffenberg)
, 2013, 84 Minuten
7 €

20 Uhr im Kleinen Haus
Afrika für Dummies von Christopher Roth
10 € / 9 €

22 Uhr auf dem Goetheplatz
Best of Santo Domingo von Das Helmi

5 € – 8 € (nur Abendkasse)

Im Anschluss:
Jam-Session mit dem senegalesischen Punchline-King Djily Bagdad
Eintritt frei!

Samstag, 4. Juli

11 Uhr im Theater am Goetheplatz (Foyer)
Symposium mit den KünstlerInnen sowie Achille Mbembe und Sarah Nuttall (aus Johannesburg): „African Aesthetics and Politics: Anatomy of a Divorce“

Eintritt frei!

15 Uhr auf dem Goetheplatz
Kinderprogramm von Das Helmi

17 Uhr auf dem Goetheplatz
Starwurst von Das Helmi

19:30 Uhr im Theater am Goetheplatz
Premiere Les Robots ne connaissent pas le Blues oder Die Entführung aus dem Serail Musiktheater von Ted Gaier, Gintersdorfer/Klaßen, Benedikt von Peter und Markus Poschner
30 € / 9 €

20 Uhr auf dem Goetheplatz
Faust im Urwald von Das Helmi

23 Uhr im Theater am Goetheplatz
DANCEDANCEDANCE enVOGUING – Ball mit Danny Banany, Sven Saim und Arletka
Anschließend: Disko mit Africaine 808

Sonntag, 5. Juli

16 Uhr auf dem Goetheplatz
Chöre der Ankommenden vom Schwabinggrad Ballett Feat. Lampedusa In Hamburg
Eintritt frei!

18:00 Uhr im Theater am Goetheplatz
Letzte Vorstellung Les Robots ne connaissent pas le Blues oder Die Entführung aus dem Serail Musiktheater von Ted Gaier, Gintersdorfer/Klaßen, Benedikt von Peter und Markus Poschner
30 € / 9 €

18 Uhr auf dem Goetheplatz
Best of Santo Domingo von Das Helmi

5 € – 8 € (nur Abendkasse)



Ausstellungen / Installationen

Schlingensiefs Operndorf
im noon / Foyer Kleines Haus
Christoph Schlingensiefs Operndorf wächst und gedeiht seit der Grundsteinlegung im Februar 2010 mit der Hilfe und dem Geld vieler. Die Vision Christoph Schlingensiefs von der Einheit von Kunst, Politik und Leben ist Wirklichkeit geworden: „Unsere Oper ist ein Dorf, ein sozialer Klangkörper. In diesem Dorf ist das Leben die Kunst. Wenn wir also Geld sammeln, um in Afrika ein Operndorf zu bauen, dann sammeln wir das Geld, damit die Leute vor Ort, die autonom dort leben, in die Schule gehen, Filme drehen, Felder bewirtschaften, Musik machen oder in der Krankenstation arbeiten, uns lehren, zu unseren kreativen Wurzeln zurückzukehren.“
Im Foyer des Kleinen Hauses werden Einblicke in die Umsetzung einzelner Projekte wie der Schule, der Krankenstation und dem Tonstudio gegeben, gestaltet und angeleitet von Aino Laberenz, der Geschäftsführerin des Operndorfes Afrika und Nachlassverwalterin des Gesamtwerkes von Christoph Schlingensief.

Tapemosphere #24 featuring Power

im noon/Foyer Kleines Haus
Tapemosphere sind eine 2005 in Hamburg gegründete Künstlergruppe, deren Soundinstallationen in der räumlichen und akustischen Anordnung von Tapes, also Kassetten bestehen. Teils aus selbst produziertem, teils aus vorgefertigten Materialien entstehen so begehbare Klangräume. Für das Festival kreieren sie eigens eine Installation, die sich während des Festivals weiterentwickelt und auf Vorhandenes und noch nicht Vorhandenes reagieren kann. Weil es in Afrika immer noch üblich ist, Musik von Kassette abzuspielen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Installation uns auch immer wieder auf eine Reise dorthin mitnehmen wird.

Mobile Cinema von RothStauffenberg (2009): „Mozartbique“
auf dem Theatergelände
Der Film „Mozartbique“ von Christopher Roth wird in voller Schönheit am Freitag, den 3. Juli, in der Schauburg gezeigt. Die Tage davor und danach wird das Rohmaterial des Films in einem mobilen Kino auf dem Theatergelände zu betrachten sein, eben noch hier, jetzt schon dort, wandernde Bilder suchen Mozart.



Workshops

Alle Workshops sind kostenlos. Anmeldung unter dramaturgie@theaterbremen.de (begrenzte Teilnehmerzahl)


„Vogue! – Theorie und Praxis der New Yorker Vogue-Ball-Kultur“ – mit der Hamburger Queereeoké-Gang Danny Banany und Sven Zaim


Werft euch in Schale Kings und Queens, Beaus und Beasts beim 1. Voguing Ballroom mit Kiki Mash-up in Bremen. Erstrahlt im Tanz, Dance Unlimited, Strike a Pose! Raus aus der Tristesse! Dra- ma! Galore! Highend Fashion! Verzweifle nicht! Du musst nicht auf High Heels kommen, aber ein Danceoutfit zum Niederknien sollte es schon sein! Luxury you up! Diamonds are not only girls best friends! Get the Party started!
Praktische Informationen:
Daten: 2. – 4. Juli, täglich 3 Stunden am Nachmittag, Workshop-Präsentation am 4. Juli abends/nachts auf dem Voguing-Ball.
Mitzubringen: Sportkleidung und ein schicker Fummel, in dem man sich gut bewegen kann, Make-Up, High Heels etc – alles was der ästhetischen Transformation dient

„Die 7. Königin – Schreiben und Spielen im Zeichen der Freiheit“ – mit dem togolesischen Dramatiker und Regisseur Sénouvo Agbota Zinsou
Wie geht Theater im Togo? Welche Geschichten werden erzählt und was sagen die Mächtigen, wenn Fabeln und Parabeln ihnen im Theater-Spiegel eine hässliche Fratze vorhalten? Der ehemalige Leiter des togolesischen Nationaltheaters Sénouvo Agbota Zinsou
wird anhand seines Stückes Die 7. Königin in einem Schauspiel-Workshop seine Strategien erläutern, um künstlerische Freiheit auch gegen einen Staatsapparat zu behaupten.
Praktische Informationen:
Daten: 2. – 4. Juli, täglich 5 Stunden verteilt auf vor- und nachmittags, Workshop-Präsentation am Nachmittag des 4. Juli
Mitzubringen: Sportkleidung, große und kleine Tücher, afrikanische Kleidung o.ä. wenn vorhanden. Musikinstrumente, wenn vorhanden.

„What we rap for – The Link between Hip-Hop and Activism“ – mit dem Rapper und Mitbegründer der aktivistischen Bewegung „Y’en a marre“ aus dem Senegal Djily Bagdad
Vor drei Jahren tat sich eine Gruppe senegalesischer Rapper und Journalisten zu der Bewegung „Y’en a marre“ (frz. für „Wir haben genug“) zusammen. Sie mobilisiert Jugendliche gegen die korrupte und nachlässige Regierung und organisiert ungewöhnliche Protestformen. Nachdem der ungeliebte Präsident das Amt verlassen hat, führt die Bewegung ihre Arbeit fort, nimmt Songs auf und organisiert politische Versammlungen und Konzerte. Was ist der Link zwischen Hip Hop und Aktivismus? Und wie kann Musik politisches, soziales und ziviles Engagement fördern?
Praktische Informationen:
Daten: 2. – 4. Juli, täglich 5 Stunden verteilt auf vor- und nachmittags, Workshop-Präsentation am Nachmittag des 4. Juli
Mitzubringen: Stift und Papier

    • Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes