„Die queere Community auf den Brettern, die die Welt bedeuten“

Deutschlands wahrscheinlich älteste LGBTQI+ Party: Am 19. Mai findet die 40. Pink Party statt. Sarah Kreuzberg, Mitarbeiterin der Marketingabteilung, hat mit dem langjährigen Party-Veranstalter und stellvertretendem Leiter der Theater Bremen-Hausverwaltung, Arnold Arkenau, gesprochen.

Was genau ist die Pink Party?

Arnold Arkenau: Die Pink Party ist – neben den „Queer Bunnies“ und „Bremen schwuppt“ – eine von drei queeren Partys, die wir seit vielen Jahren im Modernes in Bremen veranstalten. Sie findet immer an Pfingsten statt, wir nennen sie daher auch die „Season Opening Party“, weil danach die verschiedenen Pride Events, wie die Christopher Street Days, beginnen. Das schöne bei allen drei Partys und ganz besonders bei der Pink Party, ist, dass der Altersdurchschnitt höher ist als üblich. Bei vielen anderen queeren Partys hier in Bremen liegt der Schwerpunkt auf 18- bis 25-Jährigen. Natürlich ist auch bei uns jede Person ab 18 Jahren willkommen, sehr sogar, die meisten unserer Gäste sind jedoch zwischen 30 bis 40 Jahre alt. Und dann geht es bis 65, 70.

Worauf können sich die Gäste am 19. Mai freuen?

Zunächst einmal natürlich auf die Musik! Wir sind sehr happy, dass wir die DJane Frau Hoppe aus Hamburg engagieren konnten. Sie legt seit vielen Jahren mit DJ KAYA, unserem Resident DJ aus dem Modernes, auf. Aber gibt es auch noch sogenannte „Goodies“, wie z.B. einen Welcome Shot zur Begrüßung. Außerdem kann man sich vor der VIP-Fotowand fotografieren lassen oder am Glücksrad tolle Sachen gewinnen. In Zusammenarbeit mit dem Gastroteam des Schwarzen Hermann möchten wir auf der Bühne im Großen Haus den Dancefloor kräftig abfeiern.

Das Motiv der Party ist eine Comic-Zeichnung von Ralf König. Zu sehen sind viele Menschen in bunter Kleidung, die eng beieinanderstehen, lachen und eine Regenbogenfahne hochhalten. Warum habt ihr euch für diese Zeichnung entschieden?

Ralf König hat die Schwulenbewegung in den letzten Jahrzehnten sehr geprägt. Auch für mich und mein Coming-Out spielt er eine große Rolle. Ich war damals in Berlin in einer schwulen Buchhandlung, weil ich mich hier in Bremen nicht getraut habe, und habe dort einen Comic von ihm gelesen und herzlich gelacht. Als wir mit den Planungen für die Jubiläumsparty angefangen haben, habe ich ihn einfach angeschrieben und gefragt, ob wir das Motiv nutzen können und er hat zugestimmt – sehr zu meiner Freude.

Wie ist die Pink Party vor vierzig Jahren entstanden?

Die Pink Party entstand Anfang der 1980er Jahre in Bremen als Zeichen des gemeinsamen Miteinanderfeierns, auch als Zeichen der Sichtbarkeit von Schwulen und Lesben. Die queere Community befand sich noch in den Kinderschuhen. Der Paragraph 175, der sexuellen Kontakt unter Männern unter Strafe stellte, wurde erst 1969 straflos gestellt und 1994 gestrichen. Bis dahin war die Meinung sehr verbreitet, dass Homosexualität eine Krankheit sei. Eine wichtige Rolle spielte natürlich der Stonewall-Aufstand 1969 in den USA, bei dem sich Schwule, Drag Queens und Transmenschen gegen die ständigen Übergriffe der Polizei zur Wehr setzten. Diese Bewegung schwappte nach Europa und auch nach Deutschland über und fand hier ein großes Echo. In Bremen bildete sich das Rat&Tat-Zentrum für Homosexuelle. Dann kamen HIV und Aids, was das zarte Pflänzchen der Schwulenbewegung komplett zu vernichten drohte. Viele, die sich aktiv engagiert haben, sind gestorben. In meinem Freundeskreis sind auch drei Menschen gestorben. Das hat einen harten und großen Einschnitt fabriziert. 

Wie hast du das erlebt?

Man hätte eigentlich erwarten können, dass die Arbeit, die entstanden war, hinweggefegt wird. Glücklicherweise war das aber nicht der Fall. Stattdessen entstand früh das Bewusstsein „Wir müssen etwas tun“. Wir müssen etwas tun, bevor diese Epidemie uns alle erwischt. Und auch die gesamte Bevölkerung. Es war einfach unklar, genau wie mit Corona, was hier eigentlich gerade passiert. Und wen es betrifft. Erst hieß es ja, es betrifft nur schwule Männer, aber es wurde schnell klar, dass das nicht stimmt. Die vielen staatlich finanzierten Hilfe- und Beratungsstrukturen, die in dem Zeitraum aufgebaut wurden, trugen zur Emanzipation der queeren Community bei und es entstand eine komplett neue Vernetzung. Diese massive Vernetzung hatte den konstruktiven und positiven Nebeneffekt, dass sich auf einmal ganz viele queere Sportvereine gegründet haben, wenig später bildeten sich viele queere Chöre und Coming-Out-Gruppen. Und all diese neuen Vereine und Gruppen drängten in die politischen Interessensverbände, wo sie jedoch nicht überall mit offenen Armen empfangen wurden. Das war eine sehr spannende Zeit. 

In der Einladung habe ich gelesen, dass die Party offen für alle Menschen ist. War das vor vierzig Jahren auch schon so? Oder war ein geschützter Raum damals wichtiger als heute?

Damals war es vor allem eine Party für uns. Musst du unbedingt noch deine Freundin oder deinen Hetero-Kumpel mitbringen? Oder deinen Bruder? Der ist doch gar nicht schwul. Aus heutiger Sicht völlig unverständlich, damals war das aber so. 

Wie kam es dazu, dass diese Jubiläumsparty auf der Bühne im Theater am Goetheplatz stattfindet? Ein eher ungewöhnlicher Ort für eine Party …

Josef Zschornack, der Projektleiter des Common Ground, und ich haben zusammengesessen und überlegt, wie wir die 40. Pink Party zu etwas ganz Besonderem machen können. Den Common Ground fanden wir einen schönen Rahmen und die große Bühne im Großen Haus als Partylocation definitiv etwas sehr Besonderes! Öffentlich, sichtbar, stolz: die queere Community auf den Brettern, die die Welt bedeuten.  

1991 hast du die erste Pink Party mitorganisiert. Was wünschst du dir für die nächsten vierzig Jahre? 

Ich wünsche mir natürlich, dass es die Party weiterhin geben wird. Politisch gesehen, wünsche ich mir, dass endlich verstanden wird, dass es nicht darum geht, mehr Rechte zu bekommen, sondern die gleichen Rechte zu bekommen. Das finde ich einen ganz zentralen Punkt. Und ich wünsche mir, dass Menschen aus der queeren Community nicht mehr mit Vorurteilen kämpfen müssen. Dass „schwul“ kein Schimpfwort mehr ist.

 

Tickets für die Pink Party gibt es hier und an der Abendkasse.
Das gesamte Programm zu Common Ground unter www.theaterbremen.de/commonground

 

 

Veröffentlicht am 15. Mai 2024