Fake it 'til you make it
Schauspieler Fabian Eyer über seine Band Fake Experience, Popklischees und Wahrhaftigkeit in der Musik
Moks-Schauspieler Fabian Eyer gibt mit seiner Band Fake Experience am Freitag, 28. Februar ein Konzert im Brauhauskeller. Sebastian Rest hat ihn im Probenraum besucht, um mit ihm über die Band und seine Verbindung von Theater und Musik zu sprechen und über die Notwendigkeit, Schäbigkeit auf die Bühne zu bringen.
Seit Sommer 2018 bist du Ensemblemitglied am Moks – schon in deiner ersten Produktion standst du mit Gitarre auf der Bühne und seitdem immer wieder. Privat bist du auch Teil einer Band – gemeinsam mit David Unland. Wie lange gibt es Fake Experience schon?
Fabian Eyer: Das als Fake Experience benannte Bandprojekt gibt es seit Sommer 2019. Viele der Songs sind aber tatsächlich älter und stammen noch aus der Zeit meiner Schauspielausbildung an der Hochschule der Künste Bern. Dort hab ich irgendwann angefangen, mit selbstgeschriebenen Songs zu experimentieren. Daraus ist dann ein ganzes Performance-Projekt mit und über Singer-Songwriter-Musik geworden.
Wie sah das aus?
Fabian Eyer: Ich habe meine Songs immer wieder in verschiedenen Settings ausprobiert, habe Theatermittel wie Bühne, Kostüm oder Figur dafür verwendet, um die Pop-Konzert-Situation zu dekonstruieren, wenn man so will.
Also eine Untersuchung von Auftritten und Konzertpraktiken?
Fabian Eyer: Auch. Es ging um ein Spiel mit Klischees. Zum Beispiel habe ich in einer Performance versucht, die Ansagen ganz genau zu inszenieren. Jedes „Ähh“, jedes Mit-der-Hand-die-Haare-aus-dem-Gesicht-streichen, war dann präzise gesetzt und wurde immer wieder genau identisch wiederholt. Ich hab auch einen richtig langen Song komplett als Ansage umgeschrieben, sodass man den Song gar nicht mehr braucht, weil die Ansage schon alles erzählt hat.
Wie stark sind die inszenierten Bühnenfiguren bei Fake Experience noch vertreten? Der Name lässt da ja erstmal viel vermuten ...
Fabian Eyer: Bisher war der Versuch mit Fake Experience aus diesem stark inszenierten Setting raus zu gehen und zu schauen, was das ist, wenn es „nur“ Musik ist, aber das hängt sehr vom Rahmen des Auftrittes ab. Spielereien mit kleinen „szenischen“ Details funktionieren halt nicht, wenn man auf einem Straßenfest spielt. Dahingehend finde ich es jetzt sehr spannend, dass wir ein Konzert im Theater geben und es wird sich zeigen, wie viele von den Konzert-Performance-Elementen zurückkommen werden. Die werden zwar sicher nicht so sehr im Fokus stehen, aber ich habe Lust auf kleine inszenierte Stolperfallen.
Du zitierst gerne, spickst die Texte mit Verweisen und Zitaten aus der Populärkultur, wie schon bei eurem Namen. Ich finde, der Name Fake Experience setzt zum einen Anführungszeichen um die Songs, zum anderen ist es aber so, dass ihr eure Themen und die Musik ernst nehmt, das ist ja nicht alles einfach nur eine große ironische Brechung. Kommt über den Namen und die Sprache vielleicht auch eine gewisse Form der Distanzierung, also ein Abstand nehmen, um es ernst zu nehmen, aber nicht zu emotional werden zu lassen?
Fabian Eyer: Ja, dem kann ich zustimmen. Das ist die Idee: ein Spiel damit, was „real“ ist, was „fake“ ist und natürlich ist das dann auch ein Distanzmittel, wie der Humor auch. Das ist etwas, das mir in der sogenannten Singer-Songwriter-Musik oft fehlt: ein spielerischer Umgang mit Sprache und Musik. Wenn man so seine drei Moll-Akkorde spielt und dann über das Leiden in der Welt singt, ist das ja im Grunde ziemlich lächerlich, aber gleichzeitig liebe ich das auch und genau darum geht es: diese beiden Sachen gleichzeitig. Ich frag mich oft, ob Hip Hop da sehr viel weiter ist, wenn es darum geht, über gewisse Jokes oder Distanzmittel in Themen rein zu gehen.
Der Name und das Changieren irgendwo zwischen Ernst und Spiel, referiert für mich auch wieder auf den Bereich Theater. Also das Als-ob, die Lüge und die Frage nach Authentizität. Auch der Begriff der „Experience“, also der Erfahrung, ist ja ein Begriff, der im Theater ganz elementar Anwendung findet.
Fabian Eyer: Ich finde gerade Popmusik einen interessanten Gegenstand um über Authentizitätsbegriffe nachzudenken. Weil man da oft noch sehr naiv guckt. Beim Lesen von Diedrich Diederichsen im Studium bin ich darauf gestoßen, wie Diederichsen sich Hendrix-Aufnahmen genau angeguckt hat und feststellt, dass kleine, scheinbar spontane Laute in Ansagen, „Ahs“ und „Ohs“, total gesetzt und bei verschiedenen Live-Auftritten immer identisch waren.
Fake Experience, das sind du und David Umland?
Fabian Eyer: David ist Schlagzeuger, aber in unserem Duo auch mal an der Gitarre, am Banjo und am Synthesizer tätig. David ist ja auch Klangkünstler und dementsprechend wollen wir im Theaterraum auch mit Geräuschen arbeiten, ein bisschen wie bei einem Live-Hörspiel. Dafür ist diesmal extra auch ein weiterer Performer mit auf der Bühne, der mit verschiedenen Gegenständen Sounds erzeugt, Eike Buff.
Hast du eine besondere Motivation für das Musikmachen und Auftreten?
Fabian Eyer: Ja, voll! Genau wie beim Theater ist die hauptsächliche Motivation mit anderen Menschen etwas zu teilen, zum Beispiel gemeinsam mit Ängsten umzugehen. Deswegen geht es in den Songs oft auch ums Scheitern, weil ich es als so wichtig erachte und einen stärkenden und Gemeinschaft-stiftenden Aspekt darin sehe, Momente der Schwäche gemeinsam live im Raum zu teilen. Gerade als Sänger-Figur, die auf der Bühne steht und dadurch dann schon oft allein deshalb irgendwie positiv besetzt ist, finde ich es gut, mich so einem gewissen Moment von Schäbigkeit auszusetzen.