Schauspiel

Kleines Haus

Die Schutzbefohlenen

von Elfriede Jelinek
Regie: Mirko Borscht

„Nichts und niemand nimmt uns auf, das ist unerhört! Und unerhört bleiben auch wir.“ — Es ist das alte Drama von Flucht und Abweisung, das sich täglich abspielt, das seine Opfer fordert, das die Wohlstandsgesellschaften überfordert und vor politische Zerreißproben stellt. Bereits 2014 hat Elfriede Jelinek den zu uns Flüchtenden eine Stimme gegeben. Sprach - und bildgewaltig lässt sie diejenigen zu Wort kommen, die uns zum Schutz anbefohlen sind. Tagespolitische Ereignisse, antike und philosophische Texte verdichten sich in ihrem Stück zum wütenden Wortstrom gegen Passivität, Besitzstandswahrung und Gleichgültigkeit. Seither spielt das Theater Bremen den Text der Nobelpreisträgerin in der beeindruckenden Inszenierung von Mirko Borscht. Und es spielt ihn weiter. Denn es ist notwendiger denn je die Stimme zu erheben.

Dauer: ca. 2 Stunden 30 Minuten, keine Pause

  • „Der Premierenabend wird zu einem großen Spektakel, aber zu einem in dem alles auf sinnige und unterhaltsame Weise Platz findet. […] Borschts Inszenierung beansprucht die Zuschauer kaum weniger als Jelineks Text den Leser. Und doch garantiert sie neben reichlich Lust- und Erkenntnisgewinn eine geschlossen großartige Ensembleleistung, intelligenten Klamauk, anrührende Bilder, und eine nachhaltige Appellfunktion.“
    Hendrik Werner, Weser Kurier, 16. November 2014

    „Ganz schön viel los also wieder bei Borscht. Wobei sein Vorgehen präzise Struktur, Methoden und Duktus des Textes nachempfindet, assoziativ, bildstark, mit szenischen Entsprechungen zu Jelineks Kalauerei, dann wieder mit Härte, die nur zynisch finden kann, wer den Zynismus ihres Gegenstands nicht sehen will.“
    Andreas Schnell, Nachtkritik, 14. November 2014

    „Wie immer bei Borscht mischen sich Laiendarsteller ins Ensemble, und wie so oft fällt das kaum auf. Die zynische Sprengkraft ist auch das Ergebnis überzeugender darstellerischer Leistungen. […] Das Publikum folgt dem zynischen Spektakel staunend aus nächster Nähe […] Man kann diese Inszenierung als Panoptikum der Lösungsansätze verstehen, als ein Kuriositätenkabinett der zynischen Wiedersprüche im Umgang mit dem Leid […] Doch nicht um Anklage geht es an diesem Abend, sondern um Bewusstwerdung. Und die gelingt bei Jelinek in virtuosen Begriffskaskaden.“
    Johannes Bruggaier, Kreiszeitung, 17. November 2014

    „Um Strategien und Techniken der Vereinzelung geht es auch inhaltlich. Also darum aus dem Schutz einer Gruppe gerissen zu werden. Hier der Flüchtling, der allein zurechtkommen muss, dort ein Europäer, der plötzlich zum öffentlichen Individuum wird. Es ist eine Erfahrung – sich derart stellen zu müssen – einer Verantwortung vielleicht, in jedem Fall aber der Aufmerksamkeit derer, die sich für den Moment in der sicheren Dunkelheit verbergen dürfen […] Die Idee, die Gesichter der Zuschauer zu den Gesichtern der Entscheider zu machen, mag platt erscheinen. Aber es wirkt, das eigene Gesicht an dieser Stelle zu sehen.“
    Jan-Paul Koopmann, taz, 18. November 2014