Schauspiel
Kleines Haus
World of Reason
Ein Visual Poem von Alexander Giesche inspiriert von Motiven aus Miloš Formans Film Man on the Moon
Welche zweiten Welten müssen wir erschaffen, um die erste Welt – die Welt der Vernunft, in der wir leben – zu ertragen? Was ist diese Welt der Vernunft überhaupt? Nach welchen Gesetzen funktioniert sie? Wohin fliehen wir und wovor? Ist genussvolle Unvernunft ein Verdrängungsmanöver der unausweichlichen Sterblichkeit? Oder lässt sich der Tod gerade durch Vernünftig-Sein herauszögern? Wie können wir überhaupt unvernünftig sein, wenn wir nicht wissen, was vernünftig ist? Ausgangspunkt für „World of Reason“ war Miloš Formans Kinofilm „Man on the Moon“ über den amerikanischen Komiker und Performancekünstler Andy Kaufman. Im Leben wie auf der Bühne arbeitete dieser stets daran, Erwartungen zu unterlaufen. Sein Witz bestand darin, gar nicht lustig zu sein. Er weigerte sich, die Grenzen zwischen Kunstfigur und eigener Persönlichkeit, zwischen Inszenierung und Realität zu offenbaren. Damit verwirrte er sein Publikum so nachhaltig, dass es seinen Tod für seinen besten Witz hielt. „What is real? What’s not? That’s what I do in my act, test how other people deal with reality.“ Gemeinsam mit der Schauspielerin Nadine Geyersbach und dem Tänzer Andy Zondag führt Regisseur und Videokünstler Alexander Giesche diese Gedanken weiter und spürt in „World of Reason“ den Ambivalenzen und der Verführung eines Zeitgeistes zwischen Vernunftsmüdigkeit, Möglichkeitseuphorie und Weltfluchtphantasie nach.
Dauer: 1 Stunde 50 Minuten, keine Pause
- Mit Nadine Geyersbach, Andy Zondag
Regie Alexander Giesche
Ausstattung Nadia Fistarol
Video Alexander Giesche, Chriss Bieger
Musik und Sounddesign Lorin Strohm
Licht Frédéric Dautier
Dramaturgie Regula Schröter
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- „Derweil erzeugt oben ein kreisrunder Spiegel durch Scheinwerferreflexionen einen spektakulären Röhreneffekt. Das Licht am Ende dieses Tunnels entpuppt sich als reine Illusion, aus dem Gesetz der Vernunft gibt es kein Entrinnen. Bei alldem macht Giesche keine halben Sachen, seine Bilder sind radikal bis wahnwitzig, mitunter unverständlich, dann aber wieder umso bestechender: ein alle Sinne fordernder Abend voller theatralem Pathos. Seine beiden Akteure haben diese Ästhetik nicht nur verstanden, sondern geradezu aufgesogen, balancieren gekonnt auf dem Grat zwischen Ironie und Tragik.“
Johannes Bruggaier, Kreiszeitung, 16. März 2015
„[…] tolle Performer : Schauspielerin Nadine Geyersbach und dem Tänzer Andy Zondag.“
Anke Dürr, Spiegel online, 16. März 2015
„Zwischendurch streuen die starken Darsteller Nadine Geyersbach und Andy Zondag ein paar Sätze ein – etwa über politische Themen.[…] Was nach fast zwei Stunden bleibt, ist die Erinnerung an einen eindrucksvollen Appell für mehr Toleranz und dafür, das Leben nicht immer ganz so ernst zu nehmen. Dafür gab es zu Recht viel Beifall.“
Sabrina Wendt, Nordwest Zeitung, 16. März 2015
„Wer den Regisseur (der bis vor kurzem noch als „Artist in Residence“ am Goetheplatz beschäftigt war) kennt, weiß, was das bedeutet: einen Abend auf der Schnittstelle von Theater und bildender Kunst, von Tanz und Performance. Es wird starke Bilder geben, aber wenig Sprache. Und je weniger gesprochen wird, so lässt sich nach einigen Produktionen als Faustregel bilanzieren, desto besser ist das Stück. In „World of Reason“, jenem „Visual Poem“, das am Samstagabend Premiere feierte, wird wenig gesprochen.“
Johannes Bruggaier, Kreiszeitung, 16. März 2015
„"World of Reason" ist ein Abend der Übersetzungen und Näherungswerte. Naturwissenschaftliche und philosophisch-politische Recherchen werden in Bildstärken übersetzt. Die Zusehenden nehmen ihre Rolle als sich daran Annähernde (statt der Handlung Folgende) ein und an. Dass weder Vernunft noch Unvernunft alleinige Triebkraft des imposanten Abends sind, führt hin zu dessen Kern.“
Tim Schomacker, Nachtkritik, 14. März 2015
„Giesche gelingt es, auch dank des höchst spannungsvollen Spiels von Tänzer Zondag und Schauspielerin Nadine Geyersbach, faszinierende Bilder aufzublättern. Mit denen schickt er die ZuschauerInnen auf eine Reise, deren Route, deren Dramaturgie eher mittels freier Assoziationen bestimmt scheint als durch eine zwingende, rationale Logik[...]Bei der Balance auf der Schwelle zur bildenden Kunst profitiert Giesche stark von der Kooperation mit Bühnenbildnerin Nadia Fistarol: Gemeinsam erzeugen sie Raum-Bilder von großer Suggestivkraft[…] es ist genau diese Geduld, ein Motiv auszukosten, auf die es ankommt, die Beharrlichkeit, mit der die Möglichkeiten, die eine szenische Konstellation birgt, abgeklopft und abgetastet werden, bis sich aus ihr ein Sinn vielleicht erst ergibt, der dann doch, nahezu im selben Augenblick, in dem er greifbar wird, in sich zusammenfällt“
Benno Schirrmeister, Taz, 17. März 2015