Junges.Theaterbremen

Brauhauskeller

Bilder deiner großen Liebe

14+
von Wolfgang Herrndorf
bearbeitet von Robert Koall
Regie: Christiane Renziehausen
Eine Junge Akteure-Produktion

Isa ist die Herrscherin des Universums: Sie kann mit ihrem Finger die Sonne anhalten und durch reine Willenskraft die verschlossenen Eisentore der Psychiatrie öffnen. Ungebunden und ausgestattet mit nichts als ihrem Tagebuch begibt sie sich auf Wanderschaft durch märchenhafte Wälder, unter wegweisenden Sternen, entlang rauschender Flüsse und begegnet den Dämonen ihres Inneren, entsprungen aus versprengten Fragmenten ihrer nebulösen Vergangenheit und lebhaften Fantasie: ein übergriffiger Lastwagenfahrer, ein ehemaliger Bankräuber, ein taubstummes Kind, ein Schriftsteller, der seine Tochter verloren hat. Puzzlestücke von Begegnungen, die zusammengesetzt das kaleidoskopische Bild eines unberechenbaren, selbstzerstörerischen, einsamen, empfindsamen, klugen 14-jährigen Mädchens ergeben. „Roadmovie zu Fuß. Mit etwas Rumprobieren einen Ton gefunden, schreibt sich wie von selbst. Und praktisch: Kein Aufbau. Man kann Szene an Szene stricken, irgendwo einbauen, irgendwo streichen, irgendwo aufhören“, so schreibt Herrndorf anderthalb Jahre vor seinem Freitod über sein bis zuletzt unvollendetes Fragment mit seiner Heldin der Verlorenheit, die den Abgrund in sich trägt. Eine mythische Figur im Kampf mit sich und auf einer Reise ohne Ziel, im Einklang mit der Natur, aber abseits der Gesellschaft, die sie für verrückt erklärt. Ein Zustand, der sie mit ihrem Schöpfer verbindet. „Ich schreie und schreie und heule und tobe, und dann ist es vorbei. Ich will spazieren. Wo will ich hin. Ich bin sehr zu viel.“

  • mit: Jule Denzin
    Samara Fry, Fanny Hilken, Lilli Keiper, Josefine Kröll, Carla Anna Njine, Geraldine Rummel
    Regie Christiane Renziehausen
    Ausstattung und Video Marthe Labes
    Musik Thorsten zum Felde
    Licht Anke Lindner
    Dramaturgie Dany Handschuh
  • „[…] Regisseurin Christiane Renziehausen und Dramaturgin Dany Handschuh haben aus diesem Road-Trip zu Fuß und zu sich selbst (vielleicht!) eine knackige 80-minütige Fassung kondensiert und die Figur der Isa auf sieben junge Akteurinnen aufteilt. Das erweist sich als Glücksgriff, denn so schälen sich die verschiedenen Facetten der 14-jährigen Isa schnell und nachvollziehbar heraus. […] Und so leuchtet auf der Bühne des Brauhauskellers ein Kaleidoskop der Gefühle und Stimmungen. […]Die sieben jungen Schauspielerinnen agieren einerseits extrem energiegeladen, meistern andererseits aber auch die teils langen Monologe mit viel Eindringlichkeit. Thorsten zum Felde hat ihnen Musik und Lieder geschrieben, durch die das Tempo jeweils automatisch anzieht und die Stimmung von düster auf hell umschwenkt. […]“ Iris Hetscher, Weser Kurier, 24.05.2018

    „[…]Bemerkenswert vielschichtig gelingt es Christiane Renziehausens Inszenierung, die Figur Isa nicht in vermeintlich autonome Bestandteile zu zerlegen, sondern diese sieben Facetten in sich ambivalent auszuformen. Auch weil die Akteurinnen selbst nicht in den Archetypen erstarren, als die sie loslegen: Die Kindliche hat ihre ernste Seiten, die Laszive ist mal in sich gekehrt, die Freche hat mitfühlende Momente und so weiter. Sie ringen spürbar so sehr mit sich selbst wie mit den anderen Isas und wecken eine enorme, letztlich selbstzerstörerische Energie – und das alles im Spiel, im Tanz, im choreografierten Miteinander im fast dunklen, clubartigen Brauhauskeller, während sie an der Oberfläche den beklemmenden Text sehr nah am Original wiedergeben. […] Tief in schweren Gedanken, trotzdem in krasser Gegenwärtigkeit verankert, klug – und frei. Ganz besonders in den wohlplatzierten Momenten, in denen sich die maßvoll krawalligen Elektrobeats von Thorsten zum Felde in Popsongs verwandeln und die Akteurinnen so singen, wie diese Innerlichkeitsballaden, die im Radio so nerven – die hier aber voll zu ihrem Recht kommen. Nichts mit lila Wolken und Gejammer darüber, wie schön die Jugend doch war. Stattdessen zuckersüßes und finsteres Sinnieren darüber, was ein Leben eigentlich bedeutet, das unter Garantie irgendwann auch wieder vorbei ist. Und weil das alles so wahr ist, kann man sich am Ende nur wundern, wie selten jemand davon spricht – wie fremd einem die eigentlich doch selbstverständliche Frage vorkommt, was das für ein Gefühl ist: ‚tot und gestorben und so wohl‘.“ Jan-Paul Koopmann, Kreiszeitung, 28.05.2018