Musiktheater

Theater am Goetheplatz

Die tote Stadt

Oper in drei Bildern von Erich Wolfgang Korngold
Text von Paul Schott frei nach Georges Rodenbachs
Roman "Bruges-la-Morte"
Musikalische Leitung: Yoel Gamzou
Regie: Armin Petras

„Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“ (Bertolt Brecht) — Sein Zuhause gleicht einem Devo­tionalien-Museum. Hier huldigt Paul mönchisch dem Anden­ken seiner toten Ehefrau Marie und verschließt sich vor der profanen Welt. Doch jetzt lernt Paul die Tänzerin Mariet­ta kennen, die Marie bis in die Fingerspitzen gleicht. Marietta hält Einzug in Pauls Leben und seine Fantasie. Paul verfällt ihr – mit Haut und Haaren. Marietta fängt an, gegen Maries Präsenz in Pauls Wohnung zu rebellieren. Paul vergisst sich und tötet sie. Doch das alles war wohl nur ein Traum. Denn jetzt steht sie wieder vor seiner Tür: Marietta, lebendig, leibhaftig und ein Fluidum für Männer­fantasien. Korngold ist erst 23 Jahre alt, als 1920 "Die tote Stadt" zur glanzvollsten Uraufführung der jungen Weimarer Republik wurde. Die Oper traf in ihrer kühnen Mischung aus Traumspiel, Dekadenzstudie und Psycho­drama den vom Erst­en Weltkrieg traumatisierten Zeitgeist ins Mark. Regisseur Armin Petras und Generalmusikdirektor Yoel Gamzou setzen mit dem mal unheimlich düster, mal übersüß-euphorisch und üppig orchestrierten Werk ihre mit "Lady Macbeth von Mzensk" begonnene Zusammenarbeit fort.

  • „So unsentimental und kristallin gehärtet wie jetzt in Bremen hat man das Werk noch nicht gehört. Alles bloß sensualistisch Dekorative tritt in den Hintergrund. Gamzou scheint mit einem Röntgenblick auf den Grund dieser hypertrophen Partitur zu blicken, um ihre Nervenkontrapunktik bloßzulegen. […] Zu welch präzisem, hochexpressivem Spiel Gamzou seine Bremer Philharmoniker befeuert, ist atemberaubend.“ (Julia Spinola, Süddeutsche Zeitung, 15. Mai 2019)

    „Warum langweilige Männer-Wahnsinns-Geschichten erzählen, wenn die Frauenrollen so viel interessanter sind? In Bremen machen Armin Petras und Yoel Gamzou aus Erich Wolfgang Korngolds selten gespielter Oper ‚Die tote Stadt‘ ein ergreifendes Verwechslungsspiel. […] Nadine Lehner wird ihrer Aufgabe in allen Belangen gerecht: Sie verzweifelt so schön! [… ] Petras sieht sie, wie auch schon in ‚Lady Macbeth von Mzensk‘, gern zugrunde gehen, was sich auch hier als Glücksfall fürs Publikum erweist. […] Das ist die große Stärke dieser Inszenierung: Der alte weiße Mann mit seiner Wahnsinns-Geschichte rückt in den Hintergrund, die weibliche Hauptrolle in den Fokus. Und siehe da: Ihre Geschichte ist viel spannender – und plötzlich ist der Staub, der noch am Originalstück haftete, wie weggeblasen.“ (Florian Maier, taz, 18. Mai 2019)

    „Mit mitreißender Wucht und zärtlicher Farbigkeit zelebriert Gamzou nun die eher befremdliche Geschichte des Künstlers Paul, der Reliquien wie Haare und Schal seiner toten Frau in der ‚Kirche des Gewesenen‘ pflegt. […] Wer lebt in diesem Todesstück, das ist die Tänzerin Mariette, in die Paul sich verliebt […]. Eine große Rolle für Nadine Lehner, die dem Publikum einen facettenreichen Wirbelwind des Lebenswillens präsentiert. Eigentlich müsste diese Oper ‚Marietta‘ heißen.“ (Ute Schalz-Laurenze, Kreiszeitung, 14. Mai 2019)

    „[…] vor allem Nadine Lehner beeindruckt bei ‚Glück, das mir verblieb‘ durch ihren dramatischen Sopran, Birger Radde kann seinen voll tönenden Bariton bei ‚Mein Sehnen, mein Wähnen‘ zur Geltung bringen. Auch Nathalie Mittelbach als Haushälterin Brigitte und Nerita Pokvytyte als tote Marie setzten Akzente […]. Der Kinderchor des Theaters unter Leitung von Alice Meregaglia sorgt für rührende Momente, vor allem bei ‚O süßer Heiland mein‘.“ (Iris Hetscher, Weser Kurier, 14. Mai 2019)

    „Yoel Gamzou kostet am Pult die Kraft der Korngoldschen Musik rauschhaft und in vollen Zügen aus. Da knallen die Pauken, schmettern die Bläser und flirren die Geigen, dass es eine wahre Lust ist.“(Wolfgang Denker, Nordwest Zeitung, 15. Mai 2019)