Schauspiel

Theater am Goetheplatz

Die Räuber

von Friedrich Schiller
Regie: Felix Rothenhäusler

„Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie.“ (Thomas Meinecke) — Im bürgerlichen Lebenslauf ist der Ausbruch als zeitlich begrenzter Abschnitt vorgesehen. In jungen Jahren sollte man auch mal „die Sau rauslassen“ und als Teil des Selbstfindungsprozesses ein paar Erfahrungen mit Drogen/Weltreise/Sexualität machen. Dies dient der Identitätsbildung, um dann, arbeitend, in Lohn und Brot, diese Phase hinter sich lassen zu können. Wenn Karl Moor aber nach einer wilden Studienzeit zum Räuberhauptmann wird, ist etwas schiefgelaufen. Ebenso wenn die Intrigen seines Bruders Franz den Vater nicht nur zur Weißglut sondern ins Grab bringen. Das Aufbegehren der Brüder gegen die Verhältnisse destabilisiert diese jedoch nicht. Ist der Ausbruch mehr als bloße Fiktion oder kennt der Lebens-Loop kein Außerhalb? Verbirgt sich in Schillers „Böhmischen Wäldern“ heute noch ein utopischer Ort?

Dauer: ca. 2 Stunden 15 Minuten, keine Pause

  • Maximilian, regierender Graf von Moor Martin Baum
    Karl von Moor Robin Sondermann
    Franz von Moor Claudius Franz
    Amalia von Edelreich Nadine Geyersbach
    Hermann, Bastard von einem Edelmann Matthieu Svetchine
    Regie Felix Rothenhäusler
    Bühne Evi Bauer
    Kostüme Anja Sohre
    Musik Matthias Krieg
    Licht Frédéric Dautier
    Dramaturgie Tarun Kade
  • „Toll spielen die SpielerInnen – Martin Baum: klasse! Nadine Geyersbach: zu gut! Ein Genuss: Matthieu Svetchines Luftgeigensolo, sein Silens-Bauch wackelt im Takt des Tschaikowsky-Konzerts, mit dem Hermann, das uneheliche Kind, sich seinen Träumen von Aufstieg und Heirat hingibt, den Traum der Gesellschaft träumt, den Franz ihm in die einzig fühlende Brust gezwickt hat.“
    Benno Schirrmeister, taz, 8./9. Juni 2013

    „Die im Text angelegte Vielschichtigkeit der Figuren, von denen keine nur gut oder böse ist, wird durch die Inszenierung plakativ unterstrichen. Am deutlichsten beim Räuberhauptmann Karl von Moor (Robin Sondermann). Denn dieser verschmilzt mit seinen Gefolgsleuten Spiegelberg, Roller und all den anderen Spitzbuben, indem er ihre Texte ebenfalls übernimmt.“
    Alexandra Albrecht, Weser Kurier, 3. Juni 2013

    „Desillusionierter als Felix Rothenhäusler kann man ‚Die Räuber‘ nicht aufführen. Der Regisseur hatte ein bemerkenswertes Team zur Verfügung, das den Text sinnvoll und verständlich sprechen konnte. (…) Viel Beifall für das vierköpfige Schauspielteam (…).
    Alexandra Albrecht, Weser Kurier, 3. Juni 2013

    „Für die letzte Premiere der ersten Bremer Spielzeit unter neuer Intendanz rücken Hausregisseur Felix Rothenhäusler und Dramaturg Tarun Kade Niklas Luhmans berühmtes Diktum von der Unwahrscheinlichkeit funktionierender ‚Kommunikation‘ angesichts der Beschaffenheit sozialer Systeme und humaner Affektlagen ins Zentrum. Und verbeugen sich ebenso artig wie selbstbewusst vor jenen ‚Bremer Räubern‘, mit denen 1966 Zadek, Mink s, Ganz und Co. Das Regietheater (mit)begründeten.“
    Tim Schomaker, nachtkritik.de, 3. Juni 2013

    „Mit diesem Solo ist ein roter Faden des Abends etabliert: Sprache und Story werden äußerst musikalisch aufgefasst. Aus den Figurennamen, aus großen und kleinen Gesten, aus sprachlichen Äußerungen (vor allem solchen, die zu Erstaunen und Gefühl gehören) werden rhythmische, melodische, choreographische Patterns gebaut. Der Loop, die Wiederholung, das Sample – aus Schillers Text wird ein sehr langer, ziemlich vertrackter und gleichwohl eingängiger Popsong destilliert.“
    Tim Schomaker, nachtkritikde, 3. Juni 2013

    „Beeindruckend ist diese ‚Räuber‘-Variante in manchen Elementen: Wie Franz immer wieder auf dem Gravitationsfeld der begehrten Amalie ausgleitet, wie Karls ultralanger Zusammenfassungsmonolog von einem musikalischen Verlauf strukturiert wird (Streichersamples in tiefen Lagen, die wellenartig crescendieren), wie dem alten Moor Verzweiflung und Umnachtung ans Revers geheftet werden, indem Nadine Geyersbachs Amalie seine Hände zittern lässt und seine Kleidung in Uordnung bringt – um ihm dann zynisch zu Ruhe und Ordnung zu ‚verhelfen‘, wie zu lautem Elektrobeat eine Disneyfigurenparade (einem Breaking-News-Band gleich) quer über die ansonsten leere Bühne defiliert.“
    Tim Schomaker, nachtkritik.de, 3. Juni 2013

    „Es ist großartig, wie Sondermann seine Figur an diesen Verlockungen der fiktiven Kunstwelt erst scheinbar reifen lässt um sie dann desto tiefer abstürzen zu lassen.“
    Johannes Bruggaier, Kreiszeitung, 3. Juni 2013

    „Darstellerisch ist dafür viel Gutes zu berichten: neben Karls rauschhaftem Egotrip auch Franzens sadistische Züge, die Claudius Franz als Folge eines selbstmitleidigen Masochismus kennzeichnet. Wunderbar auch Nadine Geyersbach als Amalia, die in der Rolle der stolzen Witwe erst die Annäherungsversuche des neuen Schlossbesitzers Franz mit einem Schlag ins Gesicht quittiert.“
    Johannes Bruggaier, Kreiszeitung, 3. Juni 2013

    „Es bleibt nach diesem Abend vor allem die Erkenntnis, auf welch hohem Niveau das Bremer Schauspiel inzwischen agiert. Martin Baum als Vater Moor, Claudius Franz als Scheusal Franz und Robin Sondermann als zerrissener Idealist Karl, Nadine Geyersbach als Amalia und Matthieu Svetchine als Hermann (…) setzen immer wieder funkelnde Glanzlichter.“
    Andreas Schnell, Nordwest Zeitung online, 3. Juni 2013

    „Vor allem der Anfang ist berührend, die Konzentration auf das Wort und die ungeheure Leistung der Schauspieler überzeugen. Akteuren wie Zuschauern wird in den knapp zweieinhalb Stunden ohne Pause eine Menge abverlangt. Trotzdem lohnt es sich, diese ‚Räuber‘-Inszenierung zu sehen. Sie bietet jede Menge Gesprächsstoff.“
    Margit Ekholt, Radio Bremen online, 3. Juni 2013